Rassismus bei FC Bayern München: Falsche Loyalitäten

Der FC Bayern hat einen Jugendtrainer wegen Rassismus entlassen. Die Vorwürfe waren lange bekannt, das Schweigen ist systemisch.

Eine Steinmauer mit Bayern-Logo und Schriftzug, rechts eine kleine Straße und Gebäude

Traumziel vieler junger Menschen: der FC Bayern Campus für Nachwuchs und Frauenteams Foto: Andreas Gebert/dpa

Undurchsichtig sei die Sache gewesen, so schien es dem FC Bayern. Eine „Art Privatfehde zwischen Spielern, deren Eltern und dem Jugendtrainer“ – und Fehden haben ja diese praktische Eigenschaft, dass sie irrational und irgendwie persönlich sind, man sich also nicht so richtig kümmern muss. Kurz vor dem Champions-League-Finale der Männer des FC Bayern an diesem Sonntag muss der Klub sich nun doch kümmern, ein Zeichen zarter Fortschritte bei der öffentlichen Wahrnehmung von Schikanen und rechtem Hass im Sportverein.

Seit 2018 schon ist den Bossen des FC Bayern aus anonymen Briefen bekannt, dass der Sportliche Leiter ihrer U9- bis U15-Teams Kinder massiv rassistisch und homophob drangsaliert haben soll. Besonders ernsthaft gingen sie diesen Vorwürfen nicht nach, obwohl das Verhalten des Mannes am Campus gut bekannt war. Der Verein reagierte mit einer Befragung von Eltern und Kindern, im Gespräch soll sich aber niemand negativ geäußert haben.

Wenn der Sohn es zu den Bayern geschafft habe, „dann riskierst du das nicht“, sagte ein anonymer Campus-Mitarbeiter dem Spiegel. Es brauchte schon geleakte rassistische Äußerungen in einer Chatgruppe mit anderen Trainern, Ermittlungen des Staatsschutzes und medialen Druck, um nun zumindest die Entlassung des Trainers und eine interne Untersuchung zu bewirken. Und das sagt viel über das System Verein.

Die Enthüllungen weisen erstaunliche Parallelen auf zum jüngsten Fall eines Berliner Jugendtrainers, der durch diktatorisches Gehabe, Schikanen und einmal auch durch Gewalt auffiel, und verlässlich von einer „Fehde“ gegen seine Person sprach, gedeckt von der Vereinsführung. Der Sportverein, des Deutschen Heiligtum, hat ein Systemproblem. Verkrustete (Männer-)Bünde, aus denen wenig nach außen dringt, völlig überzogene Loyalitätsforderungen – und wer doch mal Missstände anspricht, wird oft übel diffamiert.

Die Fehde als Deus Ex Machina

Im Vereinsleben ist die Fehde der Deus Ex Machina: Wenn Anschuldigungen allzu unbequem sind, hat sich bloß irgendwer mit wem verkracht. Schwer zu sagen, was einen unangenehmeren Eindruck hinterlässt: Die kaum tätigen Bayern-Verantwortlichen, die Eltern, denen die Spielerkarriere ihrer Kinder offenbar wichtiger war als Zivilcourage oder auch nur als die seelische Gesundheit des eigenen Kindes; oder die Jugendtrainer und Scouts, die mit in der Chatgruppe waren und sich an den rechtsextremen Äußerungen mehrheitlich nicht störten. Und weiter Kinder trainieren.

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Jahrgang 1991, studierte Journalismus und Geschichte in Dortmund, Bochum, Sankt Petersburg. Schreibt für die taz seit 2015 vor allem über politische und gesellschaftliche Sportthemen zum Beispiel im Fußball und übers Reisen. 2018 erschien ihr Buch "Wir sind der Verein" über fangeführte Fußballklubs in Europa. Erzählt von Reisebegegnungen auch auf www.nosunsets.de

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