Rassistische Statistik: Wie Valencia künftig Daten erhebt
Die spanische Mittelmeerregion führt bald getrennte Statistiken für Spanier und Migranten. Die Daten sollen zeigen, wer wie oft krankgeschrieben ist.

taz | Die Mittelmeerregion Valencia wird künftig über Gebräuche und Bedürfnisse der Bevölkerung getrennte Daten für Spanierinnen und Spanier sowie Immigrantinnen und Immigranten erheben. So beschloss es der Wirtschafts- und Finanzausschuss des Regionalparlament auf Antrag der rechtsextremen VOX. Die regierende rechtskonservative Partido Popular (PP) stimmte dem zu und verschaffte dem Antrag damit die notwendige Mehrheit. Das regionale Statistikamt wird angehalten, im Statistikplan 2025 bis 2028 diese „differenzierende Statistik“ zu erstellen.
Unter anderem soll erhoben werden, wie oft Spanier und Migranten Blut spenden und wie oft sie in die Notaufnahme der Krankenhäuser gehen. Auch die „Arbeitsmoral“ soll untersucht werden: So fordern die beiden Parteien getrennte Erhebungen über den Krankenstand bei beiden Gruppen.
Darüber hinaus geht es den beiden Rechtsparteien darum, festzuhalten, welche Bevölkerungsgruppe mit ihren Beiträgen wie viel zum Sozialstaat beiträgt – und wer wie stark von Hilfen profitiert. Die VOX-Abgeordnete Teresa Ramírez, die den Antrag im Regionalparlament vorstellte, sagte: „Der unkontrollierte und grassierende Zustrom von Migranten ohne Aufenthaltspapiere ist einer der besorgniserregendsten Aspekte.“ Deshalb sei die Erhebung solcher Daten notwendig. Sie seien die Grundlage, um „Maßnahmen zu ergreifen und den Sozialstaat der Spanier zu sichern“.
Dahinter steckt die Idee von VOX der großangelegte Reimmigration. Für die Rechtsextremen sind Immigranten vor allem teuer. Immer wieder behaupten sie – obwohl Untersuchungen das Gegenteil belegen – Immigranten würden mehr kosten, als sie zum Allgemeinwohl beitragen, da sie schlecht verdienten und öffentliche Leistungen, wie Krankenversorgung oder Schulbesuch ihrer Kinder mehr kosten würden, als der Staat durch sie einnehme. Außerdem seien die Sozialsysteme, wie etwa das Gesundheitssystem, überfordert.
Vor „der extremen Rechten kapituliert“
Dass die spanische Wirtschaft weit über EU-Schnitt wächst und dies vor allem der Zuwanderung von Arbeitskräften geschuldet ist, will VOX nicht sehen – und die PP auch nicht.
Die Konservativen sehen zu, wie die Rechtsextremen bei Umfragen stetig zulegen. Sie wollen dieser Entwicklung Einhalt gebieten, in dem sie sich die Inhalte von VOX zu Eigen machen.
„Messen ist keine ideologische Frage“, verteidigte die PP-Sprecherin im valencianischen Parlament, Marí Carmen Contelles, die Unterstützung des VOX-Antrags durch die Konservativen. „Informationen sind Informationen, und auf dieser Grundlage können bessere Entscheidungen getroffen werden“, erklärte sie und ignoriert dabei die Abschiebefantasien für acht Millionen Menschen seitens VOX.
Die PP-Regierung habe völlig vor „der extremen Rechten kapituliert“, beschweren sich die Sozialisten. Sie sind die stärkste Kraft in der Opposition.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert