Razzien bei „Oldschool Society“: Mit blutigem Beil und SS-Rune

Migranten nannten sie „Primaten“, Asylheime und Moscheen waren ihr Ziel. Die OSS-Anhänger präsentierten sich offen im Netz.

Die Facebookseite der „Oldschool Society“. Screenshot: taz

BERLIN taz | Als hätten sie es geahnt. „Verhalten bei Hausdurchsuchungen“, informierte die „Oldschool Society“ (OSS) im Februar auf ihrer Facebookseite ihre Anhänger. „Keine Aussagen machen. Keine Gespräche mit den Beamten.“

Am Mittwoch standen tatsächlich die Ermittler vor der Tür. Und es war gleich der Generalbundesanwalt (GBA), der sie schickte. Am frühen Morgen durchsuchten 250 Beamte die Wohnungen von vier Rädelsführern der rechtsextremen Gruppen und fünf weiterer Beschuldigter in Sachsen, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern.

Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen die Gründung einer „terroristischen Vereinigung“ vor. Die OSS soll „in kleineren Gruppierungen“ Anschläge auf „namhafte Salafisten, Moscheen und Asylbewerberunterkünfte“ geplant haben. Dafür hätten die vier Hauptbeschuldigten bereits „Sprengmittel“ beschafft. Auch bei den Razzien seien „pyrotechnische Gegenstände mit großer Sprengkraft“ gefunden worden.

Tatsächlich präsentierte sich die Gruppe im Internet auf Facebook martialisch. Ihr Logo zeigt einen Totenkopf und zwei blutverschmierte Beile, dazu eine angedeutete SS-Rune. „Müde Parolen gehören der Vergangenheit an“, heißt es auf der Seite. Migranten werden als „elende Asseln“ und „Primaten“ beschimpft. Beschwert wird sich über vermeintliche Gewalttaten von Migranten, Flüchtlingen und Salafisten. Es brauche eine „Bürgerwehr“, schreibt die Gruppe, die umsetze, „wozu der Staat nicht mehr in der Lage ist“. An anderer Stelle steht: „Eine Kugel reicht nicht.“

Festgenommene stammen aus Hogesa-Umfeld

Als Anführer der OSS gilt Andreas H., ein Augsburger, der die Gruppe als „Präsident“ führte. Der 56-jährige Bayer soll Kontakte zur NPD haben, postete im Internet Bilder von Waffen und Schießübungen. Der „Vizepräsident“ Markus W., 39, kommt aus Sachsen und fungierte auch als „Sicherheitsverantwortlicher“. Er soll bereits Mitglied der militanten, inzwischen verbotenen „Kameradschaft Aachener Land“ aus NRW gewesen sein.

Die „Oldschool Society“ (OSS) wollten nach Erkenntnissen von Ermittlern schon in naher Zukunft ausländerfeindliche Anschläge verüben. Möglicherweise wollten die OSS-Mitglieder bereits am kommenden Wochenende ein Attentat verüben, wie die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch aus Sicherheitskreisen erfuhr. Entsprechende Hinweise gebe es aus der internen Kommunikation von Mitgliedern, die abgehört worden sei. Mit den von der OSS geplanten Bomben hätten demnach Menschen verletzt oder getötet sowie Gebäude stark beschädigt werden können. (dpa)

Offenbar entstammt die OSS dem Hogesa-Umfeld. Im Oktober 2014 besuchten Mitglieder die Demonstration des rechten Hooligan-Netzwerks in Köln, die in Ausschreitungen endete. Auch im jetzigen März beteiligten sie sich an einem Hogesa-Aufzug in Dortmund. Die Verfassungsschutzämter haben die Gruppe seit August vergangenen Jahres auf dem Radar, wie die taz aus Sicherheitskreisen erfuhr. Zunächst habe die OSS überwiegend im Netz kommuniziert. Offiziell gegründet hat sie sich im November 2014 im sächsischen Borna. Das Bundesland war Schwerpunkt der Gruppe, hier gab es am Montag gleich mehrere Durchsuchungen.

Fraglich ist, wie konkret die Anschlagspläne der OSS waren. Öffentlich war die Gruppe bis Mittwoch nahezu unbekannt. Zudem posiert auf ihrer Facebook-Seite Anführer Andreas H. offen auf Fotos. Auch das erste Gruppentreffen wurde mit einer Bilderstrecke ins Internet gestellt. Acht tätowierte Kurzgeschorene, einige im fortgeschrittenen Alter, grinsen dort in die Kamera, dazu drei Frauen, allesamt in Szenekleidung. Klandestiner Untergrund sieht anders aus.

„Gestiegene Gewaltbereitschaft“

Der Rechtsextremismus-Experte Hajo Funke warnt dennoch vor einer „gestiegenen Gewaltbereitschaft“ der rechten Szene. „Die Bereitschaft für gezielte Angriffe ist in den letzten Jahren gewachsen.“ Das belegten Anschläge auf Parteibüros und Flüchtlingsunterkünfte. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD), in dessen Bundesland es eine Razzia gab, lobte dagegen die „gute Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden“: „Wir handeln rechtzeitig und entschlossen gegen den braunen Sumpf.“ Ähnlich äußerte sich auch sein Kollege aus Rheinland-Pfalz, Roger Lewentz (SPD). Bundesinnenminister Thomas de Maiziere sprach von einem „bedeutenden Ermittlungserfolg“. Es sei „besorgniserregend“, dass eine solche Vereinigung „nach dem NSU aufscheine“.

Die sächsische Innenexpertin der Linken, Kerstin Köditz, kritisierte dagegen den sächsischen Verfassungsschutz. Der erwähne die OSS trotz deren offenen Auftretens in seinem jüngsten Jahresbericht mit keinem Wort, auch keinerlei rechtsterroristische Bestrebungen. „Das Versagen des Landesamtes in Bezug auf neonazistische terroristische Aktivitäten ist offenbar chronisch.“ Generalbundesanwalt Harald Range hatte noch zu Jahresende 2014 zugesagt, nach dem NSU-Fiasko den Rechtsterrorismus im Auge zu behalten.

Seit Auffliegen des Neonazis-Trios ermittelte sein Haus laut Antwort der Bundesregierung auf eine Linken-Anfrage vom März in mehreren Verfahren, etwa gegen ein „Werwolf-Kommando“ oder eine selbsternannte „Neue Ordnung“. In keinem Fall, so das Fazit, habe sich der Verdacht einer terroristischen Vereinigung bestätigt.

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