Rebellion in der Senatsverwaltung: Umweltsenator probt Kahlschlag
In der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sollen Stellen abgebaut werden. Mitarbeiter gehen auf die Barrikaden
Mitarbeiter üben Kritik an ihrem Chef, SPD-Senator Michael Müller. Bild: DAPD
Die Mitarbeiter der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt rebellieren gegen Senator Michael Müller (SPD). Nach einem Beschluss des Senats muss Müller (SPD) bis 2016 in seinem Haus 15 Prozent der Vollzeitstellen abbauen. Nun allerdings sollen die verschiedenen Abteilungen Konzepte für die Modernisierung der Verwaltung ausarbeiten und dabei von einer Senkung des Stellenbedarfs um 25 Prozent ausgehen. „Die Stellenreduzierungen sehen wir auch als Chance, alles kreativ querzudenken und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt neu auszurichten“, schreibt die Hausleitung in einem internen Papier, das der taz vorliegt.
Der Stellenabbau in den Verwaltungen ist erklärtes Ziel des rot-schwarzen Senats. Bis 2016 soll die Zahl der Landesbediensteten von aktuell rund 105.000 auf 100.000 sinken. Die Bezirke sollen dann nur noch 20.000, die Hauptverwaltungen 80.000 Mitarbeiter haben. Für Müllers Haus war qua Senatsbeschluss vom Januar 2012 ein Abbau von 255 Vollzeitstellen vorgesehen, also eine Reduzierung um 15 Prozent. Bis Juni sollen die Abteilungen Vorschläge ausarbeiten, wie sie dies umsetzen wollen.
Für Kritik sorgt dabei nun die 25-Prozent-Vorgabe: „Wir bitten Sie um eine Erläuterung, wie Sie sich den Abzug von insgesamt einem Viertel aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorstellen können“, schreibt die Ver.di-Betriebsgruppe in der Senatsverwaltung an die Adresse von Müller. Es sei völlig unklar, was er meine, wenn in Rundschreiben davon die Rede sei, dass so „Gestaltungsspielräume gesichert und und senatsverwaltungsweit Stellen für Entwicklungsfelder bereitgestellt“ werden könnten. „Die Beschäftigen fühlen sich nicht mitgenommen“, sagte die Ver.di-Gewerkschaftssekretärin Katja Boll der taz. Es sei zu befürchten, dass künftig Aufgaben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt an Externe ausgelagert werden könnten, etwa die Verkehrslenkung für Berlin.
Die Senatsverwaltung setze lediglich Vorgaben zum Personalabbau der Koalition um, sagte Müllers Sprecherin Daniela Augenstein zur taz. „Das bedeutet höchstwahrscheinlich, dass dieses Haus nicht mehr im bisherigen Umfang alle Aufgaben erfüllen kann.“ Deswegen sollten Schwerpunkte gesetzt werden, etwa in der Wohnungs-, Energie- und Umweltpolitik. Dafür müsse man sich planerische Spielräume erarbeiten. „Es werden natürlich nicht 25 Prozent der Stellen eingespart – sondern das, was wir laut Vorgaben erbringen müssen“, sagte Sprecherin Augenstein.
Kritik an diesen Vorgaben und der Personalpolitik des rot-schwarzen Senats kommt auch aus der Opposition: „Die demografischen Veränderungen sind so gravierend, dass wir über Personalentwicklung und nicht über Abbau sprechen müssen“, sagt die Linken-Haushaltspolitikerin Manuela Schmidt. Einsparungspläne wie der von Müller seien kontraproduktiv. Vielmehr müssten die Verwaltungen viel mehr ihrer Auszubildenden übernehmen. „Ansonsten ist jede abgebaute Stelle ein Verlust von wertvollem Wissen, das eigentlich an Jüngere weitergeben werden müsste“, sagte Schmidt.
Leser*innenkommentare
Plangger, Rechtsanwalt
Gast
Nun, das Sparen sollte leicht fallen! Es gibt einzelne Abteilungen, zum Beispiel die IX C für Lärm zuständig, die könnte auch gleich wegen "Unwilligkeit" ganz geschlossen werden. Die Abteilung hatte im Sommer 2012 keine Problem tatenlos zuzusehen, bei zulässigen 60 dB, wie eine Baustelle 80 dB regelmäßig überschritt - (was einer hundertfachen!! Überschreitung entspricht). Trotz über hundert Beschwerden haben insgesamt 18 Ortbesichtigungen nur zu einer einzigen notierten Lärmmessung der Behörde selbst geführt.
Ansonsten wird dies den Bauherren überlassen. (Ach, Autofahrer prüfen bitte auch demnächst selber, ob sie zu schnell fahren und melden dies!)
Da kann die Abteilung auch gleich aufgelöst werden.
Die Nachbarn mussten den Zivilrechtsweg beschreiten (AG Berlin 8 C 1011/12).
RA Plangger
Schneider
Gast
Der Öffentliche Dienst wurde bisher als Garant für den Erhalt von Arbeitsplätzen und sicheres gutes Einkommen wahrgenommen. Wer mit den Behörden von Senat und Bezirk zu tun hatte, weiß um lange Bearbeitungszeiten und unterschiedliche Mitarbeiterqualitäten.
In vielen Unternehmen wurden schon lange Aufgabengebiete und Bearbeiter ausgelagert. Es geht um effektivere Arbeitsergebnisse und Einsparung von Personalkosten.
Wenn in allen Senats- und Bezirksbereichen Stellen abgebaut werden sollen, erübrigen sich einzelne Senatoren und Bezirksbürgermeitster.
Untertan
Gast
Rot-Schwarz vergrößert die Arbeitslosigkeit in Berlin.
Das ist eine tolle Arbeitslosenpolitik. Was sagt Frau Arbeitssenatorin Kelek dazu?
Als erste sollte man sich mal diese Regierung sparen, die die ganze Stadt nachhaltig ruiniert.
U.a. mit dem, wegen den Planungsfehlern der Bauherren, über 2 Milliarden Euro doppelt so teuren BER Flughafen.
Das müssen alles die SteuerzahlerInnen zahlen.