Rechtsextreme Demo am Reichstag: „Eine unappetitliche Mischung“

Rechte Gruppen mobilisieren für Samstag zu einer Demo am Reichstag. Nina Baumgärtner vom Gegenbündnis erklärt, was hinter dieser Ankündigung steckt.

Reichsbürger: Peter Fitzek nennt sich „König von Deutschland“. Bild: dpa

taz: Frau Baumgärtner, rechte Kreise rufen für Samstag zu einem „Sturm auf den Reichstag“ auf, die Internet-Mobilisierung läuft seit Monaten. Worum geht es da inhaltlich?

Nina Baumgärtner: In dieser Mobilisierung werden ganz verschiedene Themen aufgegriffen: Vom Erhalt der deutschen Kultur ist die Rede, die gegen Islamisierung und Amerikanisierung verteidigt werden müsse. Dann geht es um die angeblich nicht vorhandene Souveränität Deutschlands, um Solidarität mit Putin, um konservative Familienbilder oder auch um die Abschaffung der GEZ-Gebühren. So sollen organisierte Neonazis genauso angesprochen werden wie das Pegida-Publikum oder Anhänger von Verschwörungstheorien.

Wer steckt hinter dieser Aktion?

Einer der beiden Anmelder ist NPD-Mitglied. Die Mobilisierung wird aber auch von anderen Gruppen getragen: Die „Reichsbürger“ sind dabei, die Hogesa-Nazis, verschiedene Pegida-Ableger. Der Bundesvorsitzende von „Pro Deutschland“ soll reden und der Publizist Jürgen Elsässer, der für das rechte Spektrum der Montagsmahnwachen steht und ein ultrakonservatives Familienbild propagiert. Es ist eine wirklich sehr unappetitliche Mischung, die sich da zusammengefunden hat.

Kommenden Samstag um 15 Uhr wollen rechte Gruppen vor dem Hauptbahnhof demonstrieren. Unter dem Titel „Gemeinsam für Deutschland“ wird zu einem „Sturm auf den Reichstag“ aufgerufen.

Das Bundesinnenministerium teilte auf Anfrage der Linksfraktion mit, Teilnehmerzahlen im „hohen dreistelligen bzw. niedrigen vierstelligen Bereich“ zu erwarten.

Der Hauptredner Jürgen Elsässer will hier außerdem Mitglieder des Putin-nahen, nationalistischen Rockerclubs „Nachtwölfe“ begrüßen, die ihre umstrittene Tour am Samstag in Berlin beenden wollen.

Das Bündnis 9. Mai ruft ab 14 Uhr zu einer Gegenkundgebung vor dem Bundeskanzleramt auf. Der Aufruf wird von verschiedenen linken Gruppen und Parteien unterstützt. (mgu)

Und das am 9. Mai, dem Tag des Sieges über den Hitler-Faschismus.

Ja, das ist eine besondere Provokation und für uns auch noch mal ein Grund für den Gegenprotest: Wir werden uns diesen Tag nicht nehmen lassen.

26, engagiert sich bei den Jusos und ist Teil des „Bündnis 9. Mai“, in dem verschiedene Parteijugendorganisationen, linke und antifaschistische Gruppen vertreten sind.

Welcher Zusammenhang besteht zwischen rechter Ideologie und Verschwörungstheorien?

Diese Verschwörungstheorien sind keine harmlosen Spinnereien. Da geht es um reaktionäre Welterklärungen: Die Ursache der eigenen Probleme wird in einer Verschwörung einzelner Gruppen gesehen. Die Lösung liegt dann auf der Hand: Diese Gruppen müssen weg. Das knüpft an antisemitische Vorstellungen an, außerdem schottet man sich so gegen jede Kritik von außen ab. Populär ist in diesen Spektren außerdem die Kritik am „Genderwahnsinn“ oder „Political Correctness“. Das ist für Nazis natürlich attraktiv.

Die Veranstalter haben 50.000 TeilnehmerInnen angemeldet – muss man das ernst nehmen?

Sicher nicht, ebenso wenig wie die Ankündigung, den Reichstag zu stürmen. Das heißt aber nicht, dass man diese Veranstaltung verharmlosen darf. Unserer Einschätzung und übrigens auch der der Bundesregierung nach ist es durchaus möglich, dass da 1.000 Leute zusammenkommen – das ist schon widerlich genug.

Welche Gegenaktionen sind bisher geplant?

Wir rufen zu einer Gegenkundgebung um 14 Uhr vor dem Bundeskanzleramt auf. Dort wollen wir unseren Protest ausdrücken und versuchen, so nah wie möglich an die rechte Versammlung heranzukommen, um deren Kundgebung zu stören. Leider mangelt es der Polizei ja offenbar etwas an Realitätssinn und sie will ein riesiges Gebiet für die Nazis abzusperren, als ob da tatsächlich 50.000 kommen würden. Aber wir werden uns dadurch nicht von unserem Protest abhalten lassen.

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