Redaktionsleitung im Kika-Prozess belastet: "Im Sender hatten alle Angst"

Die Sendeleitung wird im Kinderkanalprozess schwer belastet. Ein Mitarbeiter sagte aus, dass er auf die Spielsucht des Angeklagten hinwies, aber ignoriert wurde.

War zu entspannt: Frank Beckmann. Bild: ap

ERFURT taz | Beim Erfurter Kinderkanalprozess hat ein Redakteur die Sendeleitung schwer belastet. Der Mitarbeiter in der Programmplanung des gemeinsam von ARD und ZDF betriebenen Senders sagte aus, er habe seinen Redaktionsleiter über Jahre auf die häufigen Kasinobesuche des angeklagten ehemaligen Herstellungsleiters Marco K. hingewiesen.

Zudem habe er auch einmal den damaligen Kika-Programmgeschäftsführer Frank Beckmann direkt informiert. Über eine gute Freundin, die im Kasino Erfurt arbeitete, habe er seit 2007 Informationen über K.s Spielverhalten erhalten, dabei sei auch klar gewesen, dass K. regelmäßig große Summen verspielte.

"Man war ja sehr stolz auf Herrn K. im Spielkasino Erfurt", sagte der Redakteur. Dieser sei einer der besten Kunden gewesen. Der Zeuge habe Beckmann informiert, dass "K. tausende von Euro verspiele". Beckmann, der heute Programmdirektor des NDR ist, hatte bei seiner Aussage in der vergangenen Woche die Mitteilung des Zeugen zwar bestätigt, diese aber als "zu wenig griffig" nicht weiterverfolgt.

Der Redaktionsleiter, den der Zeuge nach eigener Aussage mehrfach und zuletzt noch im Frühjahr 2010 auf die Problematik ansprach, habe abweisend auf die Hinweise reagiert und sinngemäß "bitte nicht schon wieder dieses Thema, es ist genug" geantwortet. "Ich kann den Redaktionsleiter verstehen, im Sender hatten alle Angst vor Marco K.", so der Zeuge. "Auch Frank Beckmann war ihm mehr oder minder ausgeliefert, da der Herstellungsleiter hinter seinem Rücken Absprachen traf, die er kaum überschauen konnte."

Der ehemalige Herstellungsleiter des Kika, Marco K., hat bereits gestanden, zur Finanzierung seiner Spielsucht den Sender durch Scheinrechnungen um rund 8,2 Millionen Euro betrogen zu haben. Das Geld wurde mit der Produktionsfirma, die die Scheinrechnungen ausstellte, geteilt.

Im Prozess geht es nur um seit 2005 veruntreute Beträge in Höhe von rund 4,6 Millionen Euro, da der Rest der Fälle bereits verjährt ist. Der Prozess wird fortgesetzt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.