Redbull-Projekte im Fußball: Nervöse Investoren

Der österreichische Getränkekonzern Red Bull gilt als gewiefter Sportsponsor. Doch im Fußball klappt es nicht so recht. Hektisch wird jetzt dagegengesteuert.

Auf Fehlersuche: Red Bull will Leipzig in der 1. Liga haben. Bild: imago/Picture Point

Benzin und Brause harmonieren prächtig. Der Treibstoff des Erfolgs hat Sebastian Vettel zum Weltmeister in der Formel 1 gemacht. Der Getränkekonzern Red Bull, für den der Deutsche am Steuer sitzt, hat ein glückliches Händchen mit Piloten aller Art. Es ist fast schon egal, ob sie schnelle Rennwagen, wendige Flugzeuge oder Crossmaschinen steuern, in der Welt der risikofreudigen Individualisten klappt das Sponsoring des Konzernchefs Dietrich Mateschitz verblüffend gut. Aber da gibt es ja noch den Fußball. Millionen hat Mateschitz in Red Bull Salzburg hineingepumpt, viel ist nicht dabei herausgekommen.

Aktuell steht der Verein auf Platz drei der österreichischen ersten Liga. Nur mit Glück können sie noch Meister werden, dabei haben sie zehnmal mehr Geld zur Verfügung als der Herbstmeister SV Ried. Das ist so, "als würde der FC Bayern mit seinem aktuellen Kader einen einstelligen Tabellenplatz in der zweiten Liga als das Höchste seiner sportlichen Ziele angeben", bemerkt die Süddeutsche Zeitung. International ist RB Salzburg bedeutungslos. Der Verein taugt vielen als Beweis dafür, dass der Fußball seine Eigenarten hat, sehr spezielle Schrullen, die auch mit viel Geld und dem hemdsärmeligen Aktionismus des Dietrich Mateschitz nicht immer zu therapieren sind.

Eine sehr eigenartige Fußballstadt ist Leipzig. Hier beanspruchen die Traditionsvereine Chemie und Lokomotive die Führerschaft, was an sich schon schwierig ist, weil sie nur in unterklassigen Ligen dahindümpeln und Chemie nicht mehr Chemie, sondern Sachsen heißt. Beide Vereine haben wenig Geld, dafür aber treue Fans. Bei RasenBallsport Leipzig, kurz RB Leipzig, ist das genau andersherum: Sie haben viel Geld, dafür aber so gut wie keine Fans. Okay, drei Fanklubs gibt es mittlerweile, aber die werden von der Leipziger Fußballbasis nur müde belächelt.

Der Traum: Bundesliga-Fußball in Leizig

Obwohl in Leipzig nach der Wende der Niedergang des Ostfußballs studiert werden konnte, schien Mateschitz das Gelände ideal für ein Investment. Wurde hier nicht der DFB gegründet? Dürstet Leipzig nicht nach Bundesliga-Fußball? Gibt es hier nicht ein modernes Stadion? Lässt sich verbrannte Erde nicht in eine blühende Landschaft verwandeln? Ja, schon. Aber. Es gibt viele Abers in Leipzig.

Der Hass der Lok- und Chemiefans auf RB Leipzig ist nur ein Investitionshindernis von vielen, das zu überwinden wäre. Mateschitz versuchte es trotzdem. Und das ging so: Anfangs wurde der Leipziger Kleinklub SSV Markranstädt gekapert. Man übernahm dessen Lizenz, begann das Projekt Bundesliga in der Oberliga, spielte auf einem Dorfplatz ("Am Bad" in Markranstädt) weitab des Leipziger Zentrums.

Mit erfahrenen Profis wie dem Sachsen Ingo Hertzsch, 34, zweimaliger Nationalspieler, oder Thomas Kläsener, früher beim FC Schalke 04, gelang der Aufstieg in die Regionalliga. Trotz des Erfolgs tauschte man den Trainer (Tino Vogel) und den Sportdirektor (Joachim Krug) aus, kaufte viele neue Spieler ein, darunter den Ex-HSV-Kicker Alexander Laas. Aber der Durchmarsch geriet in dieser Saison ins Stocken. RB Leipzig wird den Aufstieg in Liga drei verpassen; der Chemnitzer FC oder die zweite Mannschaft von Wolfsburg machen den Aufstieg unter sich aus. RB Leipzig hat 13 Punkte Rückstand zum Führenden.

Läuft es schief, wird im großen Stil entlassen

In Österreich wurde man wegen des ins Stocken geratenen Projekts nervös, zusätzlich klappte es auch beim RB Salzburg nicht so wie erhofft. Mateschitz tauscht in so einer Situation gerne mal das Personal aus. Der große Entlassungsreigen begann mit Dietmar Beiersdorfer, der das gesamte Fußballgeschäft leitete. Er wurde gefeuert.

Beiersdorfers Transferflops sind legendär: In der Winterpause holte er einen Brasilianer, der in Wettskandale verstrickt war. Den Slowaken Robert Vittek kaufte er für drei Millionen Euro, allerdings ist Vittek nicht spielberechtigt, weil er eine Minute nach Ende der Transferperiode bei der Uefa angemeldet wurde. Es versteht sich von selbst, dass auch Huub Stevens als Trainer von RB Salzburg gehen musste, genauso wie Thomas Oral beim sächsischen RB-Ableger.

Auch Leipzigs Sportdirektor Thomas Linke, ehedem Profi beim FC Schalke 04 und bei Bayern München, verabschiedete sich "in beiderseitigem Einverständnis", wie es fälschlicherweise hieß. Linke, der sich in Salzburg erst als Spieler und dann als stellvertretender Sportdirektor für den Posten in Leipzig empfohlen hatte, war nicht einverstanden mit der Berufung von Peter Pacult als neuem Coach.

Österreichische Männerfreundschaften

Pacult ist Österreicher und ein Spezl von Mateschitz. Linke hätte viel lieber einen Trainer aus der Region geholt, René Müller etwa, früher Torwart bei Lok Leipzig. "Dietrich Mateschitz Männerfreundschaften entfalten gerade ihre unangenehmen Wirkungen", schreibt der "rotebrauseblogger" im Netz. Damit nicht genug, warf auch Pressesprecher Hans-Georg Felder das Handtuch. Er war von Hertha BSC, damals Absteiger in Liga zwei, zu RB Leipzig gewechselt - was ihn zu der Aussage verleitete: "Zweite Liga ist Scheiße, aber glauben Sie mir: Vierte Liga ist noch viel schlimmer." Angeblich sei er zu selbstherrlich aufgetreten.

Diesen Part könnte nun der Ösi Pacult übernehmen, der neulich erst von Rapid Wien fristlos entlassen worden ist. Es war durchgesickert, dass ihn Mateschitz auf den sächsischen Außenposten beordert hatte. In einem RB-Forum heißt es dazu: "Auweh … Mit Linke einen tollen Mann verloren und mit Pacult einen Trainer erhalten, der nicht mit Spielern reden kann, zum Lachen in den Keller geht, keinen guten Umgang mit Reportern kennt, sich gern angegriffen fühlt und dauernd in der 3. Person über sich selbst spricht."

Alles im Lot, heißt es von Vereinsseite in Leipzig. Das werde schon wieder. Man wird auf den Neubau des Leipziger Jugendzentrums verwiesen und die großartigen Perspektiven, die sich drum herum ergeben. Außerdem habe selbst der Erfolgsklub Hoffenheim etliche Jahre in der dritten Liga zugebracht, bis der Knoten geplatzt sei. 2016 soll RB Leipzig Bundesliganiveau erreicht haben.

Bei all den Mühen des Aufstiegs in der sächsischen Tiefebene dürfte Dietrich Mateschitz in stillen Momenten bedauern, dass Fußball kein Motorsport ist.

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