Reform der Pflegeversicherung: Lob und Tadel

Junge Unionspolitiker machen Druck bei der Pflegereform. Die Private Krankenversicherung findet das gut - die Opposition und Sozialverbände hingegen nicht.

In einem Pflege-Manifest fordern einige Unions-Abgeordnete die Einführung eines Kapitalstocks. Bild: dpa

BERLIN dpa/dapd | Der Vorstoß einer Gruppe junger Unions-Abgeordneter für eine rasche Reform der Pflegeversicherung stößt gleichermaßen auf Lob und Kritik. Der Verband der privaten Krankenversicherung (PKV) begrüßte den Vorstoß, eine Kapitalrücklage in der Pflegeversicherung einzuführen.

Eine generationengerechte Finanzierung der gesetzlichen Pflegeversicherung sei "nur mit dem Aufbau kapitalgedeckter Rückstellungen möglich", sagte PKV-Direktor Volker Leienbach der Süddeutschen Zeitung. "Damit die künftigen Generationen auch wirklich entlastet werden, muss dieses Kapital vor politischer Zweckentfremdung geschützt sein. Das klappt nur mit einer staatsfernen Lösung in der privaten Pflegeversicherung."

Kritik kam dagegen vom Sozialverband VdK: "Eine einseitige Belastung der Versicherten mit einem Einheitsbeitrag für einen Kapitalstock ist nicht gerecht", sagte VdK-Präsidentin Ulrike Mascher der Passauer Neuen Presse. Die Versicherten trügen bereits heute die Hauptlast. Die Finanzierung durch den paritätisch aufgebrachten Pflegeversicherungsbeitrag sei die annähernd gerechteste Variante, sagte Mascher. Zudem benötige die Pflegeversicherung jetzt Geld, und nicht erst in ferner Zukunft. Auch das spreche gegen das Ansparen eines Kapitalstocks.

22 vorwiegend jüngere Bundestagsabgeordnete von CDU und CSU fordern in einem Manifest die Einführung eines von den Versicherten finanzierten Kapitalstocks. Aus ihm sollen die steigenden Pflegekosten in Zukunft mitbezahlt werden. Angesichts der Tatsache, dass die Menschen immer älter würden, werde die Pflege ohne eine solche Rücklage schon bald nicht mehr finanzierbar sein. Deshalb müsse mit dem Aufbau des Kapitalstocks umgehend begonnen werden, argumentieren die Abgeordneten.

Kritik von der Opposition

Das Gesundheitsministerium lehnt eine Stellungnahme ab. Eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums sagte der Nachrichtenagentur dapd auf Anfrage, einzelne Stimmen in der Debatte würden nicht kommentiert. Sie bekräftigte zugleich, dass Bahr bis Ende September Eckpunkte der Pflegereform vorlegen wolle. Diese solle nach wie vor im Frühjahr 2012 in Kraft treten.

Die pflegepolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Christine Aschenberg-Dugnus, begrüßte die Forderung aus dem Manifest. Der Appell der Unions-Abgeordneten richte sich allerdings "vor allem an die eigenen Leute", sagte sie. "Denn wir in der FDP sind uns einig, dass die Einführung eines Kapitalstocks in der Pflegeversicherung unumgänglich ist."

Dem CSU-Gesundheitsexperten Max Straubinger ist das Manifest jedoch zu unkonkret. "Wenn die jungen Freunde hier Forderungen aufstellen, dann sollen sie auch sagen, wie sie die Bürger belasten wollen", sagte der Bundestagsabgeordnete den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach erklärte, der Vorstoß sei "ungerecht" und gehe an den aktuellen Problemen der Pflege vorbei: "Wir brauchen jetzt Geld für diejenigen, die pflegebedürftig sind." Diesen Menschen bringe der langfristige Aufbau eines Kapitalstocks nichts, sagte Lauterbach der dapd. Die Pflege sei akut unterfinanziert.

Die pflegepolitische Sprecherin der Linksfraktion, Kathrin Senger-Schäfer, kritisierte die Idee einer Kapitalrücklage ebenfalls. Nötig sei stattdessen die Einführung einer solidarischen Bürgerversicherung für die Pflege. Dies forderte auch die Grünen-Pflegeexpertin Elisabeth Scharfenberg. Alle Bürger sollten sich je nach Leistungsfähigkeit finanziell beteiligen. "Die steigenden Pflegekosten würden damit sozial gerecht verteilt und solidarisch geschultert", sagte Scharfenberg.

Der Vizepräsident des Deutschen Pflegerats, Franz Wagner, ermahnte die Koalition, die Finanzierung in der Pflege anzugehen. "Es muss mehr Geld ins System kommen. Damit muss man so schnell als möglich anfangen", sagte er den Zeitungen der WAZ-Gruppe. Auch Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste, forderte eine schnelle Reform.

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