Reform des Ehegattensplittings: Ehestreit bei den Grünen

Fraktionschefin Göring-Eckardt stellt die Abschaffung des Ehegattensplittings infrage. Damit bringt sie grüne Frauenpolitikerinnen gegen sich auf.

Um das Wohl der Kinder muss es gehen, nicht um die Förderung der Ehe. Bild: dpa

BERLIN taz | Der Realo-Flügel der Grünen will offenbar ein urgrünes Thema kippen: die Reform des Ehegattensplittings. „Dass wir in der Steuerpolitik so viele Reformvorhaben aufeinandergetürmt haben, war ein Fehler“, sagte Katrin Göring-Eckardt, Grünen-Fraktionschefin im Bundestag, in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Sie zielt damit auf den Bundestagswahlkampf 2013 ab, in dem die Partei gleichzeitig eine höhere Erbschaft- und Vermögensteuer sowie die Abschaffung des Ehegattensplittings gefordert hatte. Viele Wähler fürchteten, dadurch künftig zu viel Geld zu verlieren – und straften die Grünen mit einem Wahlergebnis von 8 Prozent.

Vor allem in der Familienpolitik seien falsche Prioritäten gesetzt worden, findet Göring-Eckardt: „Das Ehegattensplitting einfach abzuschaffen würde am Ende viele treffen, die Kinder haben.“ Zum anderen hätten die Grünen damit den Eindruck erweckt, die Ehe ganz abschaffen zu wollen. Das sei nicht der Fall.

Die Protestantin versichert: „Ich freue mich, wenn Menschen heiraten und damit sagen, wir treten füreinander ein.“ Darüber hinaus reicht sie Hausfrauen und halbtags arbeitenden Müttern die Hand: „Auch mit Kindern zu Hause zu bleiben muss möglich sein.“ Sie habe es selbst so gemacht.

Auch Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion und Parteilinker, rudert zurück: „Wir werden 2017 nicht mit demselben Steuerkonzept antreten wie 2013.“ Schick hatte als Wirtschafts- und Finanzexperte das grüne Steuerkonzept für die letzte Bundestagswahl maßgeblich mitentwickelt. Er rechnet schlicht: Wer viel hat, soll auch mehr abgeben.

Innerhalb der Partei treffen vor allem Göring-Eckardts Äußerungen auf Widerstand. Sogar Dieter Janecek, wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion und einer der Oberrealos, twitterte: „Ehegattensplitting ist nicht zukunftsfähig.“

Vizefraktionschefin Katja Dörner macht sich Sorgen darüber, in welche Richtung sich die Debatte zum Ehegattensplitting entwickelt. Und Gesine Agena, frauenpolitische Sprecherin der Partei, sagte der taz: „Wir sollten an unserem Anspruch festhalten, nicht die Ehe zu fördern, sondern das Leben mit Kindern.“

Das Problem sind Minijobs

Dazu gehört ihrer Ansicht nach die Kindergrundsicherung, mit der die Grünen im Bundestagswahlkampf geworben hatten: Statt die Ehe staatlich zu fördern, sollte das Leben mit Kindern direkt subventioniert werden. Damit konnten die Grünen im Wahlkampf nicht richtig punkten. Agena wünscht sich eine „neue sachliche Debatte zur Kindergrundsicherung“.

Sie wendet sich strikt gegen Göring-Eckardts Haltung, die Ehe hochzuhalten: „Es sollte weiter darum gehen, vielfältige Lebensentwürfe zu fördern.“ Ebenso ist sie verwundert über die Aussage ihrer Fraktionschefin, dass es für Mütter möglich sein müsse, zu Hause zu bleiben. „Das ist nicht das Problem“, sagt Agena: „Das können sie jetzt schon.“ Das Problem seien Minijobs, in die viele Frauen nach der Elternzeit gedrängt würden, und eben das Ehegattensplitting, das falsche Anreize gebe. Beispielsweise den, nicht berufstätig zu sein, weil das steuerrechtlich nicht belohnt werde.

Ulle Schauws, frauenpolitische Sprecherin der Fraktion, wertet Göring-Eckardts Aussagen nicht als „eindeutige Positionierung gegen eine Reform des Ehegattensplittings“. Sie sagte der taz, „das Wording“ der Fraktionschefin sei „schwierig“ gewesen. „Aber wir bleiben bei unserer Linie, Familien zu fördern und eine moderne, geschlechtergerechte Steuerpolitik zu fordern“, die „Frauen ermutigt, erwerbstätig zu sein, und nicht in Altersarmut entlässt“.

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