Reform des Pflegesystems: Demenzkranke im Fokus

Gesundheitsminister Philipp Rösler enthüllt weitere Details seiner geplanten Pflegereform. Fragen zur Finanzierung bleiben aber noch unbeantwortet.

Weil Demenzkranke häufig noch alleine essen und sich anziehen können, fallen sie durch das Berechnungssystem. Bild: reuters

BERLIN taz | Pflegepatienten sollen künftig frei wählen können, ob sie Leistungskomplexe oder Zeitkontingente für ihre Pflege in Anspruch nehmen. Das zumindest verkündete Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) nachdem er sich am Donnerstag mit Vertretern von Sozialverbänden und weiteren Experten zum vierten und letzten Pflegedialog getroffen hatte. Rösler sagte zudem, dass bei speziellen Wohnformen für Pflegepatienten noch großer Nachholbedarf bestehe und dass Pflegekassen in Zukunft einfacher Verträge mit Anbietern solcher Wohnformen abschließen können sollten.

Der Bundesgesundheitsminister hatte 2011 zum Jahr der Pflege ausgerufen und will noch in diesem Jahr eine Reform der Pflegeversicherung durchsetzen. Fragen über die Finanzierung der geplanten Reform blieben aber auch an diesem Donnerstag offen. Wie bei vorherigen Pflegedialogen merkte Rösler an, dass nicht alles finanzierbar sei, was wünschenswert ist.

Demenzkranke sind die Verlierer des Systems

Der Pflegegipfel am Donnerstag beschäftigte sich mit der Situation demenzkranker Menschen. Die Pflegestufen und somit die Leistungen, die Patienten zustehen, werden momentan nur aufgrund körperlicher Leistungsfähigkeit berechnet. Da viele Demenzkranke beispielsweise noch selbstständig essen oder sich anziehen können, sind sie die Verlierer des derzeitigen Berechnungsschemas. Darüber hinaus wird sich die Zahl der Demenzkranken noch deutlich erhöhen. Derzeit sind 1,2 Millionen Menschen in Deutschland an Demenz erkrankt. In 20 Jahren werden es 1,7 Millionen sein, sagen die Prognosen.

Schon im Vorfeld des Pflegedialogs herrschte daher ein breiter Konsens, dass Demenzkranke bei einer Pflegereform besonders bedacht werden müssten. Ulrike Mascher, die Präsidentin von Deutschlands größtem Sozialverband, VdK, sagte der taz am Dienstag: "Gerade bei der Demenz ist klar, dass sich etwas ändern muss. Für den VdK ist das auch eine Messlatte für das Gelingen der Pflegereform." Der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Deutsche Alzheimer Gesellschaft sowie der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen hatten im Vorfeld des Pflegedialogs ebenfalls gefordert, Demenzkranken künftig bessere Leistungen aus der Pflegeversicherung zukommen zu lassen. Auch der Bundesgesundheitsminister selbst hatte angekündigt, die Situation von Demenzkranken und deren Angehörigen mit seiner Reform verbessern zu wollen.

Nach dem Treffen sagte Ulrike Mascher, die von Rösler angesprochenen Punkte seien Schritte in die richtige Richtung, aber man habe noch viel Arbeit vor sich. Wie die Demenz in Zukunft bei der Pflegeversicherung einberechnet werden kann und wer die daraus zwangsläufig anfallenden Zusatzkosten tragen soll, ist weiterhin unklar. Rösler will für seine Reform allerdings bis zum Sommer eine Grundsatzeinigung in der Regierungskoalition erreichen.

Es wird sich also bald zeigen, ob die Pflegedialoge tatsächlich etwas bewirkt haben oder ob sie nur eine symbolische Handlung waren.

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