Reform des Verfassungsschutzrechts: Warnung vor Seehofers Plänen

Das Innenministerium plant, dass dem Verfassungsschutz das Recht zur Online-Durchsuchung von Computern eingeräumt wird. Das löst Kritik aus.

Horst Seehofer lacht

Im Moment liegt der Gesetzentwurf Seehofers noch auf Eis Foto: ap

FREIBURG taz | Die geplanten Verschärfungen des Verfassungsschutzgesetzes gefährden laut der Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) das Redaktionsgeheimnis. Die Computer von Journalisten könnten auf der Suche nach Namen von Informanten gehackt werden, so ROG.

Die ROG-Stellungnahme bezieht sich auf einen Gesetzentwurf von Innenminister Horst Seehofer (CSU) zur „Harmonisierung des Verfassungsschutzrechts“ aus dem März. Dort soll dem Verfassungsschutz (BfV) erstmals das Recht zur Online-Durchsuchung von Computern eingeräumt werden. Dabei wird auf dem Computer oder Smartphone ein sogenannter Trojaner installiert. Dieser sendet dann Teile oder den ganzen Inhalt der Festplatte an den Verfassungsschutz.

Das BKA darf die Online-Durchsuchung bereits seit 2009 zur Verhinderung von Terroranschlägen benutzen. Wegen technischer Probleme gab es bisher aber fast keine Anwendungsfälle. 2017 wurde unter SPD-Justizminister Heiko Maas die Online-Durchsuchung auch für die Strafverfolgung zugelassen. Konkrete Fälle sind aber bisher nicht bekannt. Es gibt aber mehrere Verfassungsklagen dagegen.

Die geplante Online-Durchsuchung durch den Verfassungsschutz soll nur gegen Personen angewandt werden, von denen Gefahr für die Demokratie und die innere Sicherheit ausgeht. Bloße Kontaktpersonen dürfen nicht mit diesem Mittel ausgespäht werden. Dies entspricht der Regelung bei polizeilichen Online-Durchsuchungen.

Seehofer wartet

Auf den ersten Blick sind damit Redaktionen vor der Ausspähung ihrer Informanten bereits hinreichend geschützt. Daniel Moosbrucker von Reporter ohne Grenzen weist jedoch auf den Fall Netzpolitik hin. 2015 ermittelte der Generalbundesanwalt nach einer BfV-Strafanzeige gegen die Blogger Markus Beckedahl und Andre Meister, weil sie geheime Unterlagen des Verfassungsschutzes veröffentlicht hatten.

Der Bezug auf angeblichen Landesverrat war „nötig“, weil es bei diesem Delikt noch keine Schutzklausel für Journalisten gibt. Bei Landesverrat ist schon die – sonst straffreie – Veröffentlichung geheimer Unterlagen strafbar.

„Wenn der Verfassungsschutz Journalisten überwachen will, kann er sehr kreativ sein“, warnt Moosbrucker. Die NGO Reporter ohne Grenzen fordert daher, Online-Durchsuchungen bei Journalisten und Medien generell für unzulässig zu erklären, wie es auch in der Strafprozessordnung geregelt ist. Ein solcher genereller Schutz findet sich in der vorgeschlagenen Verfassungsschutznovelle aber nur für andere Berufsgruppen wie Pfarrer und Rechtsanwälte. Bei Journalisten ist nur die ohnehin erforderliche Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgesehen. Diese Ungleichbehandlung der besonders geschützten Berufsgruppen hat ROG auch schon bei anderen Sicherheitsgesetzen moniert.

Im Moment liegt der Gesetzentwurf Seehofers noch auf Eis. Justizministerin Katarina Barley (SPD) hatte die Befassung mit dem Entwurf verweigert. Da Barley nun Europaabgeordnete wird, wartet Seehofer auf ihre NachfolgerIn.

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