Reform des Waffenrechts: Hilfssheriffs gegen Seeräuber

Innenminister Friedrich plädiert für den Einsatz privater Wachdienste auf deutschen Schiffen. Er strapaziert damit das staatliche Gewaltmonopol.

Bundeswehrsoldaten bei einem Seemanöver vor Dschibuti (23.12.08). Bild: dapd

HAMBURG taz | Die Attacken häufen sich, moderne Piraten entern schwer bewaffnet deutsche Schiffe, plündern sie. Die Reeder klagen. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) plädiert nun für den Einsatz privater Wachleute auf den Schiffen. Es scheine sinnvoll zu sein, "auf jedes Schiff unmittelbar bewaffnete Kräfte zu bringen", sagte er diese Woche dem Täglichen Hafenbericht, dem Informationsdienst der Reedereien. Friedrich weiter: "Die Piraten lassen sich mit einer entschlossenen Gegenwehr sehr schnell abwimmeln."

Die schwarz-gelbe Bundesregierung prüft derzeit, wie sie den Schutz deutscher Handelsschiffe vor der modernen Seeräuberei gewährleisten kann. Innen- und Verteidigungsministerium lehnen es ab, dass Bundespolizisten und Soldaten mit an Bord gehen. Grund: Personalmangel. So ist nun im Gespräch, dass bewaffnete private Sicherheitskräfte die Schiffe schützen. Das ist aus juristischer Sicht aber nicht einfach, das Gewaltmonopol des Staats steht dem entgegen.

Nach der derzeitigen Praxis genehmigen deutsche Behörden keine privaten Wachdienste für Schiffe, die unter deutscher Flagge fahren. Allerdings verbieten sie sie auch nicht ausdrücklich. Für die Reeder bedeutet das "Rechtsunsicherheit", heißt es aus dem Verband Deutscher Reeder (VDR). Darum hätten bereits 27 Reeder ihre Schiffe ausgeflaggt, in anderen Ländern angemeldet und private Sicherheitsdienste gebucht. Claus Brandt von der Beratungsgesellschaft PWC sagt, es sei aus Sicht der deutschen Reeder "alternativlos", die Piratenbekämpfung "in professionelle Hände zu legen".

Doch auch international bewegt sich der Einsatz privater Sicherheitsleute in einer rechtlichen Grauzone. Die Internationale Schifffahrtsorganisation (IMO), ein Ableger der Vereinten Nationen, stellt es den Staaten auch erst seit wenigen Wochen frei, private Wachmannschaften einzusetzen - knüpft daran aber auch eine Forderungen: Jeder Staat müsse nun "Bedingungen festlegen, unter denen der Einsatz bewilligt werde".

Die Bundesregierung hat es bislang vermieden, eine Regelung zu erlassen. Sie gilt als politisch heißes Eisen: Das deutsche Flaggenrecht erlaubt keine privaten Hilfssheriffs an Bord; und der Kampf gegen Seeräuber ist verfassungsrechtlich allein Sache der Polizei. Zudem ist die deutsche Flotte mit 4.000 Frachtern die drittgrößte der Welt, doch fahren aus Kostengründen nur 450 unter Schwarz-Rot-Gold. Dazu kommt: Sicherheitsdienste an Land dürfen hierzulande bislang auch keine Kriegswaffen benutzen. Valerie Wilms, Expertin der grünen Bundestagsfraktion, befürchtet nun einen "Dammbruch im Waffenrecht".

Für das private Marinegeschäft stehen Firmen wie International Security Network (ISN) bereit. ISN aus dem badischen Rheinmünster wirbt damit, dass Exgeneral Ulrich Wegener zu Besuch war. Der frühere Chef der Spezialpolizeieinheit GSG 9 soll sich von der "taktischen und strategischen Leistungsfähigkeit" beeindruckt gezeigt haben. Doch die Gewerkschaft Ver.di will verhindern, dass "der Schutz der Seeleute auf private Sicherheitskräfte abgeschoben" werde.

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