Regel für Menschenrechte in Lieferketten: Ein Gesetz für 150 Firmen
Nach jüngsten Plänen der Konservativen würden nur noch wenige deutsche Unternehmen dazu verpflichtet, auf Menschenrechte in der Lieferkette zu achten.

Die Richtlinie verpflichtet große Firmen, ihre Lieferketten zu verstehen und zu analysieren, ob Menschenrechte oder Umweltstandards verletzt werden. Die Firmen müssen dann Maßnahmen ergreifen, diese zu verhindern – und auf Beschwerden reagieren.
Deutschland hatte unter der Ampelregierung dazu beigetragen, dass die Regeln erneut für Verhandlungen aufgemacht wurden. Die EU-Kommission will unter anderem die zivile Haftungsmöglichkeit für Betroffene von Menschenrechtsverletzungen streichen und die Anzahl der Unternehmen begrenzen, für die das Gesetz gilt. Nach den jüngsten Plänen, die die EU-Staaten im Rat billigten – und die neue schwarz-rote Bundesregierung mittrug – wären nur noch Unternehmen ab 5.000 Mitarbeitenden verpflichtet.
„Dass die Sorgfaltspflicht für die deutsche Wirtschaft im Ausland nur noch für eine kleine Handvoll von Unternehmen gelten soll, ist Teil des turbokapitalistischen Rechtsrucks und nationalistischen Standortkrieges“, sagte Charlotte Neuhäuser, Sprecherin für globale Gerechtigkeit der Linksfraktion im Bundestag.
„Deutsches Niveau nicht absenken“
Neuhäuser fordert die Bundesregierung auf, sich gegen eine Abschwächung der europäischen Regeln einzusetzen und auch das Niveau der bereits bestehenden deutschen Regeln nicht zu senken. Die zuständige Kontrollbehörde müsse Verstöße von Unternehmen außerdem wirksamer ahnden. Seitdem das deutsche Lieferkettengesetz 2023 in Kraft getreten ist, wurden laut Bundesregierung nur eine Anordnung an ein Unternehmen ausgesprochen, um Menschenrechtsverstöße zu beseitigen. Es wurden noch keine Sanktionen verhängt oder Verwarnungen ausgesprochen.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat wiederholt angekündigt, die Regeln abschaffen zu wollen. Diese Forderung für das deutsche Lieferkettengesetz schaffte es auch in den Koalitionsvertrag. In der Antwort auf die kleine Anfrage der Linken hält sich die Bundesregierung allerdings weiterhin bedeckt, was die Pläne zur Umsetzung der europäischen Vorgaben angeht. Diese würde nach „Abschluss der Verhandlungen auf europäischer Ebene und unter Beachtung des Koalitionsvertrags bürokratiearm sowie vollzugsfreundlich“ umgesetzt werden.
Am Montag stimmt der Rechtsausschuss im Europaparlament über die Änderungen der Liefrkettenrichtlinie ab. Die Entscheidung gilt als richtungsweisend für die Abstimmung im Parlament. Dann wird sich zeigen, ob die konservative EVP mit Links-Grün einem Kompromiss zustimmt oder mit den Ultrarechten noch weitere Abschwächungen durchsetzt. Danach müssen noch die Mitgliedstaaten im Rat und die EU-Kommission zustimmen.
Gemeinsam für freie Presse
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Alle Artikel stellen wir frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade in diesen Zeiten müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass kritischer, unabhängiger Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert