Regierung in Israel: Die neue Koalition steht

Zum ersten Mal seit Jahrzehnten müssen die Ultraorthodoxen in Israel in die Opposition. Jair Lapid von der Zukunftspartei wird Erziehungsminister.

Künftig für Erziehungsfragen zuständig: Jair Lapid Bild: reuters

JERUSALEM taz | Nach gut sechs Wochen harten Verhandlungen steht Israels neue Regierungskoalition. Jair Lapid, Chef der Zukunftspartei, erkämpfte für seine Fraktion den Posten des Erziehungsminsters, an dem die Verhandlungen schon fast zu scheitern drohten. Im Gegenzug verzichtete der Jungpolitiker auf das Innenministerium.

Neben Benjamin Netanjahus Bündnis aus Likud und der rechts-nationalen Partei Israel Beteinu und der Zukunftspartei, zieht der rechts-religiöse Naftali Bennett mit ins Kabinett. Die frühere Außenminsterin Zipi Livni übernimmt den Chefstuhl im Justizministerium. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten müssen die Ultraorthodoxen wieder in die Opposition.

Lapid, der schon kurz nach den Wahlen kundtat, dass er „beim nächsten Mal Netanjahu als Ministerpräsident ablösen“ wird, ließ sich von dem politkerfahrenen Chef im Regierungshaus Netanjahu nicht so leicht in die Tasche stecken. Von Beginn an beharrte er darauf, entweder mit Bennett zusammen in die Koalition zu gehen oder gar nicht. Die zwei Neulinge im Kabinett werden Netanjahu in den kommenden vier Jahren noch einige Kopfschmerzen bereiten, vor allem, wenn sie weiter zusammen arbeiten.

Beiden geht es in erster Linie um die Innenpolitik. Die Rekrutierung der Ultraorthodoxen in die Armee hat höchste Priorität. Netanjahu trat in dieser Frage bislang auf die Bremse. Lapid wird als künftiger Wirtschaftsminister mit Haushaltsdefizit, Kürzungen und Steuererhöhungen zu kämpfen haben. Bennetts größte Herausforderung dürfte die Gratwanderung sein zwischen seiner Wählerschaft, den religiösen Zionisten, und den Ultraorthodoxen, die schon jetzt berechtigte Sorge um die Finanzierung ihrer Institutionen haben.

Wo Lapid und Bennett aneinandergeraten könnten, ist die Frage, wie jüdisch Israel sein soll. Während es Bennett kaum jüdisch genug geht, kündigte Lapid bereits an, dass er als erstes für öffentlichen Verkehr am Schabbat sorgen will.

Auf verlorenem Posten im Kabinett scheint Zipi Livni, die die Friedensgespräche mit den Palästinensern wieder aufnehmen will, um die Zweistaatenlösung voranzutreiben. Ein Ziel, dass ihr künftiger Kollege Bennett strikt ablehnt. Lapid hielt sich in außenpolitischen Fragen bislang eher vage. Jerusalem werde „auf ewig ungeteilte Hauptstadt Israels bleiben“, meinte er wiederholt, dennoch strebt auch er erklärtermaßen neue Gespräche mit der PLO an. Dabei geht es ihm auch um eine Lockerung der internationalen Isolation Israels und vor allem um die Beziehungen zum Verbündeten im Weißen Haus.

Nur zu gern würde Lapid das Wirtschaftsministerium gegen das Außenamt eintauschen. Den Stuhl von Israels Chefdiplomaten hält Netanjahu jedoch für seinen Partner Avigdor Liebermann warm, solange der wegen eines Gerichtsverfahrens verhindert ist.

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