Regierung kauft Spionage-Trojaner: FinSpy schnüffelt für den Bund

Die Bundesregierung hat eine umstrittene Spionage-Software erworben. Der britische Trojaner wird auch in autoritären Staaten verwendet.

Was auf der anderen Seite des Laptops vor sich geht, wüsste der Staat manchmal gern. Bild: dpa

HAMBURG afp | Die Bundesregierung hat einem Zeitungsbericht zufolge eine umstrittene Spionage-Software erworben. Wie die Zeit am Donnerstag berichtete, bestätigte das Bundesinnenministerium gegenüber dem Wochenblatt den Kauf einer Nutzungslizenz für ein Programm namens FinSpy.

Das Programm diene der „Quellen-Telekommunikationsüberwachung“, müsse vor seiner Verwendung aber noch an die Rechtslage in Deutschland angepasst werden. Demnach zahlte das Ministerium an den deutschen Vertreiber Elaman für eine zwölfmonatige Lizenz für zehn Computer 147.000 Euro.

Der Hersteller der Software, die britische Gamma Group, wurde in der Vergangenheit wiederholt kritisiert, weil FinSpy in der unveränderten Version auch an autoritäre Regierungen verkauft wurde. Die internationale Sektion von „Reporter ohne Grenzen“ (RoG) führt Gamma deshalb auf ihrer „Liste der Internetfeinde“.

RoG verweist unter anderem auf einen Bericht der kanadischen Bürgerrechtsorganisation Citizen Lab, dem zufolge die Behörden von Bahrain heimlich FinSpy auf Computern von Oppositionellen installierten. Die infizierten PCs seien nahezu vollständig und in Echtzeit überwacht worden.

BKA entwickelt eigenen Trojaner

Dass FinSpy vom Bund zunächst nur für zwölf Monate erworben wurde, könnte den Plänen der Bundesregierung geschuldet sein, in Zukunft nicht mehr auf Programme privater Entwickler angewiesen zu sein. Das Kompetenzzentrum Informationstechnische Überwachung, das dem Bundeskriminalamt (BKA) angehört, entwickelt derzeit einen eigenen Trojaner – ein sich heimlich installierendes Überwachungsprogramm – dessen Fertigstellung aber laut Innenministerium nicht vor dem Jahr 2014 zu erwarten ist.

Im Herbst 2011 sorgte schon einmal ein so genannter „Bundestrojaner“ für Schlagzeilen. Damals meldete der Chaos Computer Club (CCC) den Fund einer Spionagesoftware zur Online-Durchsuchung. Obwohl dieses Programm nach Gesetzeslage nur zur Überwachung von Internettelefonaten hätte eingesetzt werden dürfen, ermöglichte es laut CCC auch den Zugriff auf „das Mikrofon, die Kamera und die Tastatur des Computers“. Das BKA bestritt damals, der Urheber der Software zu sein.

Online-Durchsuchungen stehen nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom Februar 2008 unter Richtervorbehalt. Zudem sind sie nur zugelassen, wenn „überragend wichtige Rechtsgüter“ wie Menschenleben oder der Bestand des Staates konkret gefährdet sind.

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