Regierungsbildung in Slowenien: Orbán-Freund bald wieder im Amt

Der rechtskonservative Politiker Janez Janša war in Korruptionsskandale verstrickt. Jetzt soll er eine neue Mitte-Rechts-Regierung bilden.

Ein Mann steht vor blauen EU-Fahnen

Könnte bald auch EU-Ratspräsident sein: Janez Janša Foto: Jure Makovec/afp

SARAJEVO taz | Der konservative slowenische Politiker Janez Janša hat die Chance, eine neue Regierung in Slowenien zu formen. Staatspräsident Borut Pahor gab ihm in dieser Woche grünes Licht. Jetzt muss er innerhalb von 14 Tagen eine neue Koalitionsregierung formen. Damit kehrt einer der schillerndsten Politiker Südosteuropas ins europäische Scheinwerferlicht zurück. Der Freund und politische Verbündete des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán wird die rechtskonservative osteuropäische Achse in der EU stärken – im zweiten Halbjahr 2021 wird Slowenien turnusmäßig den Vorsitz in der Europäischen Union einnehmen.

Janez Janša gilt in seinem Heimatland als umstrittener rechtskonservativer Politiker, der zudem in einige Korruptionsskandale verwickelt war. Die Mitte-links-Minderheits-Regierung unter Marjan Šarec war nach nur eineinhalb Jahren gescheitert, weil der Comedian und Schauspieler Šarec aufgrund günstiger Umfragen Neuwahlen angestrebt hatte.

Doch zwei Parteien aus seinem Regierungsbündnis, die Partei des modernen Zentrums (SMC) und die Partei der Pensionäre Desus, machten da nicht mit. Sie fürchteten bei Neuwahlen um ihren Bestand. Und führten umgehend Verhandlungen mit Janez Janša und dessen Partei SDS, der Slowenischen Demokratischen Partei, die seit den Wahlen 2018 die stärkste Partei im Parlament ist. Indem sie die Seiten wechselten, können sie mit der SDS und der Partei Neues Slowenien ein Vierbündnis bauen, das über eine knappe Mehrheit im Parlament verfügt.

Janez Janša gehört noch zu der Generation von Politikern, die den Zerfall Jugoslawiens und den Krieg 1991 an führender Stelle miterlebt hatten. Noch in den 80er Jahren bezeichnete sich Janša als Pazifist und war Redaktionsmitglied der linken Zeitung Mladina, in Wirklichkeit baute er jedoch schon 1990 im Untergrund eine slowenische Armee auf, die dann mit der Ausrufung der Unabhängigkeit im Juni 1991 in der Lage war, die Jugoslawische Volksarmee zu bekämpfen. Janša wurde zum Volkshelden.

Janša baute Untergrundarmee auf

Nach der Unabhängigkeit führte Janša folgerichtig das Verteidigungsministerium und baute seine Partei auf. Als er 1994 die Wahlen verlor, ging er politisch und ideologisch weiter nach rechts und verbündete sich mit den konservativen antikommunistischen Kräften Sloweniens, die während des Zweiten Weltkrieges auf Seiten der Deutschen die antifaschistischen Partisanen bekämpft hatten.

Im Kern ist Slowenien immer noch in Antifaschisten und die Anhänger der Heimwehr gespalten; die Diskussion über die Geschichte wird nach wie vor mit harten Bandagen ausgefochten. Nach seinem Wahlsieg 2004 wurde Janša erstmals Ministerpräsident, verlor das Amt aber wieder, um es 2012 wiederzugewinnen. Doch Verbindungen zum finnischen Unternehmen Patria, das Schmiergeld für einen Rüstungsauftrag gezahlt haben soll, belasteten ihn und zwei Mitarbeiter schwer.

Janša wurde zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt; das Urteil wurde zwar später vom höchsten Gerichtshof aufgehoben, doch sein Ansehen war angeschlagen. Erst mit der Fluchtkrise Ende 2015 gelang ihm das Comeback: Er setzte sich an die Spitze der populistischen Strömungen und führte seine Partei 2018 zum Sieg: Sie wurde die stärkste Fraktion im Parlament, war aber auf eine Koalition angewiesen. Doch die kleinen Parteien ignorierten ihn, Marjan Šarec gelang es, eine Mitte-links-Regerung zu bilden.

Neben sozialen Maßnahmen wie höheren Renten und kostenlosen Kitas will Janša jetzt jedoch tiefgreifende Veränderungen. So will er die Wehrpflicht wiedereinführen. Doch vor allem im Justizbereich will er aktiv werden. Sein Freund Orbán könnte ihm Ratschläge geben, sollte er die Unabhängigkeit der Justiz aushebeln wollen. Ein Koalitionspartner hat aber schon Widerstand angekündigt: Die SMC, die Partei des modernen Zentrums, will da nicht mitziehen.

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