Regierungserklärung zur Elbvertiefung: Ganz oder gar nicht

Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz hofft weiterhin auf die Fahrrinnenanpassung. Eine Alternative hat er nicht in der Schublade.

Den Fisch nicht mit dem Wasser ausschütten: Olaf Scholz, mäßig amüsiert übers verspätete Elbbaggern. Bild: dpa

HAMBURG taz | Olaf Scholz kann auch Pathos. Es gehe „um eine schicksalhafte Entscheidung für Europas Städte, Wirtschaft und Kultur“, sagte Hamburgs SPD-Bürgermeister am Mittwoch in der Bürgerschaft in seiner Regierungserklärung zu Elbvertiefung. Was der Europäische Gerichtshof (EuGH) und anschließend das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) im nächsten Jahr entscheiden, sei „ein Präzedenzfall für ganz Europa“.

Vorige Woche hatte das Bundesverwaltungsgericht das Verfahren über die Elbvertiefung ausgesetzt. Es will abwarten, wie der EuGH in Luxemburg offene Fragen zur Auslegung der Wasserrechtsrahmenrichtlinie der EU beantwortet. Diese Fragen hatten die Leipziger Bundesrichter voriges Jahr in einem parallelen Verfahren über die Weser-Vertiefung den Kollegen in Luxemburg vorgelegt. Mit deren unanfechtbarer Antwort ist in etwa einem halben Jahr zu rechnen. Danach erst will das BVerwG über die Ausbaggerungen der Weser und der Elbe befinden.

Über die Zeitverzögerung sei er „sehr enttäuscht“, so Scholz. Allerdings habe das Leipziger Gericht die Pläne im Großen und Ganzen bestätigt. Nur auf sechs offene Fragen müssten befriedigende Antworten nachgeliefert werden. Diese offenen Punkte würden aber, so die Aussage des Bundesgerichts, „weder einzeln noch in ihrer Summe zur Aufhebung der Planfeststellungsbeschlüsse führen“ – das mache optimistisch, sagte Scholz. „Wir werden intelligente Lösungen suchen und finden“, versicherte er: „Der Fisch darf nicht mit dem Wasser ausgeschüttet werden.“

„Schlechtes Regieren“ warf dagegen CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich dem SPD-Senat vor. Der Bürgermeister sei „seinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht geworden“, befand er. Die Planungen für die Elbvertiefung indes begannen 2001 unter der CDU-Regierung, wurden unter dem schwarz-grünen Senat fortgeführt und waren wegen schwerer Mängel zweimal gestoppt und nachgebessert worden. Sofern die Gerichte jetzt über planerischen Murks urteilen müssen, hätte dieser also viele politische Väter und Mütter.

Die Fahrrinne der Unterelbe soll zwischen Hamburg und der Nordsee ausgebaggert werden.

Das Projekt: Containerfrachter mit einem Tiefgang von 13,5 Metern sollen künftig den Hafen jederzeit anlaufen können, bei Hochwasser auch bis 14,5 Meter.

Die Kosten I: Ein Drittel trägt Hamburg, zwei Drittel der gut 600 Millionen Euro Gesamtkosten übernimmt der Bund.

Die Kosten II: Rund 160 Millionen Euro muss Hamburg zahlen für weitere Maßnahmen zum Naturschutz und zur Deichsicherung an der Unterelbe.

Unterm Strich: Zusammen macht das etwa 770 Millionen Euro - fast genauso viel wie für die Elbphilharmonie.

Jens Kerstan, Fraktionschef der Hamburger Grünen, erkannte die Hauptschuld in „der Ignoranz der Hafenwirtschaft“, welche in den Plänen die gesetzlich vorgeschriebenen Umweltstandards habe umschiffen wollen. Sollten die Gerichte die Elbvertiefung überhaupt genehmigen, dann nur mit hohen ökologischen Auflagen, prognostizierte Kerstan: „Das wäre ein Erfolg für die Elbe und die Umwelt.“

Anders sah es FDP-Fraktionschefin Katja Suding: Sie forderte, die gegen die Elbvertiefung klagenden Umweltverbände BUND und Nabu für ihren „ideologischen Feldzug gegen den Hafen und die Stadt“ zu bestrafen. Hamburg solle die Millionenzuschüsse zur deren „Stiftung Lebensraum Elbe“ streichen – exakt das hatte voriges Jahr die Hafenwirtschaft verlangt. Der Hafen wachse auch ohne Elbvertiefung, entgegnete die Fraktionsvorsitzende der Linken, Dora Heyenn: „Sie ist überflüssig.“

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