Regierungskrise in Kroatien: Koalition über Korruption zerstritten

Die Rechtsregierung in Kroatien scheint vor dem Ende zu stehen. Es geht um Korruption und Kontrolle. Eine Neuwahl scheint unausweichlich.

Drei Männer in einer Reihe

In der Bildmitte Kroatiens starker Mann, der Vorsitzende der HDZ Tomislav Karamarko Foto: ap

SPLIT taz | Als ob die Regierung in Zagreb nicht schon genug Sorgen hätte. Jetzt haben auch noch Kulturschaffende, Lehrer und Schülerverbände für Mittwoch zu Demonstrationen aufgerufen. Die nationalistisch gefärbte Kulturpolitik der Rechtsregierung geht nicht nur den ohnehin oppositionellen Künstlern und Schriftstellern zu weit, auch viele junge Leute wollen sich jetzt den Protesten anschließen.

Doch weit gefährlicher für den Bestand der erst seit Januar amtierenden Regierung ist der interne Hauskrach zwischen den Koalitionspartnern HDZ (Kroatisch Demokratische Gemeinschaft) und der Partei Most (Brücke), der sehr wahrscheinlich zu Neuwahlen im September führen wird.

Denn die sieben Minister der Most haben Ende letzter Woche angekündigt, im Parlament gemeinsam mit der Opposition den Rücktritt des Vorsitzenden der HDZ und Vizepremiers Tomislav Karamarko durchzusetzen.

Das könnte schon in 10 Tagen geschehen. Karamarko überstand zwar am Freitag eine Abstimmung im Kabinett, weil 16 Minister der HDZ zu ihm hielten. Doch sein Thron wackelt selbst in der größeren Regierungspartei. Denn Informationen über seine Rolle in einem Korruptionsskandal, in dem zudem noch seine Ehefrau verwickelt ist, erschüttern seine Position.

Hinzu kommt noch der Kampf um die Vorherrschaft über den Geheimdienstapparat, der jetzt von Most gegen den Widerstand des bisherigen „starken Mannes“ und ehemaligen Geheimdienstchefs Karamarko dirigiert wird.

Es geht um eine Ölfirma

Stück für Stück veröffentlichte in den letzten Wochen die Wochenzeitung Nacional Einzelheiten des Skandals. Danach soll Karamarko die ungarische Mineralölfirma MOL darin unterstützt haben, die kroatische Mineralöffirma INA zu übernehmen. Die Ungarn sollen im Gegenzug über Mittelsmänner die Firmen von Karamarko und dessen Frau direkt mit 50.000 Euro unterstützt haben. Der Streit wird zurzeit in einem internationalen Schiedsverfahren ausgetragen.

Die Partei war angetreten, den Korruptionssumpf endlich trockenzulegen

Die frühere kroatische Mitte-links-Regierung hatte die Ungarn aus der kroatischen Firma drängen wollen. Denn die INA ist eine symbolträchtige Kernfirma der kroatischen Industrie. Die HDZ dagegen sprach sich dafür aus, weitere Teile von INA an MOL zu verkaufen.

Auf jeden Fall wollte man das von der alten Regierung angestrengte internationale Schiedsverfahren aussetzen. Nun sieht es so aus, als habe das Geld für Frau Šarić-Karamarko damit etwas zu tun. All dies kann dem Koalitionspartner Most nicht gefallen.

Die erst vor den Wahlen gegründete und mit fast 20 Prozent der Stimmen erfolgreiche Partei war bei den letzten Wahlen explizit mit dem Versprechen angetreten, den Korruptionssumpf in Kroatien auszutrocknen.

Schwacher Ministerpräsident

Weiterhin tritt Most für eine Dezentralisierung des Staates und eine Neuordnung der Verwaltungsbezirke ein. Die größere Regierungspartei HDZ wehrt sich aber mit Händen und Füßen dagegen. Sie würde viele Positionen in der bisherigen Verwaltung, bei den Gemeinden und den Verwaltungseinheiten verlieren.

Mit dem parteilosen und aus Kanada importierten Wirtschaftsexperten Tihomir Orešković hatten beide Parteien im Januar einen Mann zum kroatischen Ministerpräsidenten gewählt, der als Kompromisskandidat galt.

Da er jedoch in keiner der Parteien über eine Hausmacht verfügt, ist seine Machtposition beschränkt. Das zeigte sich nun in den letzten Monaten bei dem Streit über die nationalistisch-völkische Kulturpolitik von Kulturminister Zlatko Hasanbegović, den Orešković gewähren ließ.

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