Regierungskrise in Nordirland: McGuinness tritt zurück

Inmitten eines Showdowns an der Spitze der Einheitsregierung hört der Vize-Premier McGuinness auf. Nun könnte es Neuwahlen geben.

Martin McGuiness steht neben Sinn-Fein-Chef Gerry Adams

Hält die erste Ministerin für „unhaltbar“: Martin McGuiness (links) Foto: reuters

DUBLIN ap | Die nordirische Einheitsregierung ist mit dem Rücktritt des stellvertretenden Ersten Ministers Martin McGuinness am Montag in eine Krise gestürzt. McGuinness sagte, sein Rücktritt sei der einzige effektive Weg, um seine Regierungspartnerin, die Erste Ministerin Arlene Foster, herauszufordern. Der Showdown zwischen McGuinness und Foster könnte vorgezogene Neuwahlen auslösen und den Grundpfeiler des Friedensabkommens der Region zerstören.

Die Einheitsregierung war unter Konditionen des Karfreitags-Friedensabkommens Nordirlands aus dem Jahr 1998 gebildet worden. Sie ist auf die Unterstützung der irisch-nationalistischen Partei Sinn Fein von McGuinness und der von Protestanten gestützten Democratic Unionist Party (DUP) von Foster angewiesen. Der Partnerschaft der Parteien wird zugeschrieben, Nordirland, einen lange umkämpften Teil des Vereinigten Königreichs, nach vier Jahrzehnten des Blutvergießens und 3.700 Toten in relativer Harmonie regiert zu haben.

McGuinness, ein ehemaliger Kommandeur der Irisch Republikanischen Armee, führte die Einheitsregierung seit knapp einem Jahrzehnt mit an. In seinem Rücktrittschreibens, warf er Foster vor, „eine öffentliche Stimmung“ zu ignorieren. Er verwies dabei auf Empörung angesichts einer „Verschwendung öffentlicher Gelder und Vorwürfen des Fehlverhaltens und der Korruption“.

McGuinness hat Foster wiederholt aufgefordert, ihren Posten zu räumen, während gegen sie ermittelt werde. Dabei geht es um Vorwürfe der Misswirtschaft im Zusammenhang mit einem Programm für „grüne Energie“ der Regierung. Abgeordnete schätzen, dass das Programm Steuerzahler mehr als 500 Millionen Pfund (etwa 575,5 Millionen Euro) kosten könnte.

Foster, die vor einem Jahr die erste Regierungschefin Nordirlands wurde, hat sich Forderungen anderer Parteien nach ihrem Rücktritt wiedersetzt. Sie wirft ihren Kritikern Frauenfeindlichkeit vor. Sie warnte, dass Nordirland durch McGuinness' Rücktritt keine Regierung haben würde, „zu genau der Zeit, in der wir von unserer Regierung benötigen, dass sie aktiv ist“.

Abgeordnete aller anderer Parteien hatten im Dezember bei einem Misstrauensvotum in der nordirischen Versammlung für Fosters vorübergehende Entfernung aus dem Amt gestimmt. Sie überlebte nur aufgrund der Unterstützung von Kollegen der DUP.

Die letzte Wahl war erst 2016

„Diese Position ist nicht glaubwürdig oder haltbar“, schrieb McGuinness in seinem Rücktrittschreiben an die Adresse des Parlamentspräsidenten Robin Newton.

McGuinness zufolge will sich seine Sinn Fein weigern, einen Nachfolger für seine Position zu nominieren, die in der Regierung die gleiche Macht wie Fosters hat. Wenn der Posten unbesetzt bliebe, würde nach Gesetz die Versammlung mit ihren 108 Mitgliedern aufgelöst. Diese war erst vergangenes Jahr gewählt worden. Die nächste Wahl hätte normalerweise erst im Mai 2021 stattgefunden.

Der für Nordirland zuständige britische Minister James Brokenshire sagte, wenn Sinn Fein nicht innerhalb der nächsten sieben Tage einen Nachfolger nominierte, wäre er dazu verpflichtet, eine Wahl anzusetzen.

McGuinness bestritt bei einer Pressekonferenz, dass sein Rücktritt mit gesundheitlichen Problemen zusammenhänge, wegen der er Treffen und Auslandsreisen weggelassen hat. Der 66-Jährige schien Gewicht verloren zu haben und sprach mit einer ungewöhnlich schwachen Stimme.

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