Regierungsprogramm in Österreich: Weniger Steuern, mehr Klimaschutz

Der Koalitionsvertrag von ÖVP und Grünen ist vom ökologischen Gedanken geprägt. Die ÖVP setzt sich bei Finanz- und Ausländerpolitik durch.

Mann im Anzug hält einen Vertrag hoch

Kurz mal hochgehalten: Der ÖVP-Vorsitzende präsentiert am Donnerstag den Koalitionsvertrag Foto: dpa

WIEN taz | Sicherheit, Steuerentlastung und Klimaschutz, das sind die Säulen des Regierungsprogramms, das ÖVP und Grüne ab nächster Woche gemeinsam abarbeiten wollen. Als Sebastian Kurz (ÖVP), demnächst wieder Bundeskanzler von Österreich, und Werner Kogler, Bundessprecher der Grünen, Donnerstagnachmittag zu dessen Präsentation vor die Presse traten, wurde viel Gemeinsamkeit demonstriert. Dennoch legten beide großen Wert darauf, den Kompromisscharakter des Papiers zu betonen.

Die eigene Klientel will schließlich beschwichtigt werden. Kurz hat freilich imagemäßig das bessere Ende für sich, denn mit den Zugeständnissen in Fragen von Klimaschutz und Transparenz, die ihm die Grünen abgetrotzt haben, kann er sich international eher schmücken, während die Grünen sich prügeln lassen müssen, weil sie Versatzstücke aus dem rechtspopulistischen Programm von ÖVP und FPÖ nicht verhindern konnten.

Von „Ausreisezentren“ für abgelehnte Asylwerber über „Sicherungsverwahrung“ für potentielle Gefährder über eine Ausweitung des Kopftuchverbots an Schulen bis zum Ausbooten von NGOs bei der Rechtsberatung für Asylwerber durch eine staatliche Agentur.

Insgesamt ist die Sprache des 326 Seiten starken Papiers aber eine verbindliche, die auf aggressive Ansagen, wie sie die ÖVP zuletzt mitgetragen hat, verzichtet. Aus der Präambel vermeint man den grünen Bundespräsident Alexander Van der Bellen sprechen zu hören, wenn es heißt: „Wir sind die erste Generation, die die Folgen der Klimakrise spürt, und gleichzeitig die letzte Generation, die noch gegensteuern kann. Der Schutz der Umwelt und eine starke Wirtschaft dürfen kein Widerspruch sein“.

Selbst die harte Haltung gegenüber Zuwanderern aus fremden Kulturen wird tadellos formuliert: „Voraussetzung für eine gelingende Integration ist das Erlernen der deutschen Sprache, das rasche Erlangen der Selbsterhaltungsfähigkeit sowie die Akzeptanz der europäischen und unserer österreichischen Rechts- und Werteordnung: die Trennung von Religion und Staat, die Gleichstellung der Geschlechter und die Ablehnung jeder Form von Gewalt. Demzufolge hat mit entsprechenden Konsequenzen zu rechnen, wer sich nicht an unsere Rechtsordnung hält“.

Weniger Verkehr, mehr Photovoltaik

Mit den Klimaschutzagenden erhalten die Grünen nicht einfach eine abgegrenzte Spielwiese, vielmehr durchzieht der ökologische Gedanke sämtliche Themenbereiche. Ein Klimakabinett soll sicherstellen, dass die gesamte Bundesregierung Verantwortung übernimmt.

Das reicht vom Ausbau des öffentlichen Verkehrs und Photovoltaik auf den Dächern bis zur Koppelung von Förderungen an ökologische Kriterien und Prüfung aller Gesetzesvorhaben auf ihre Umweltverträglichkeit. Bis 2040 soll die Klimaneutralität in Österreich hergestellt sein. Bisheriges Ziel war 2050. Fliegen wird teurer, Bahnfahren billiger. Ein bundesweites Jahresticket für drei Euro täglich kommt als zusätzlicher Anreiz.

Die Regierung bekennt sich zwar auf betreiben der ÖVP zum Nulldefizit bei den Staatsausgaben (Schwarze Null). Nach Lesart der Grünen bezieht sich das aber auf den Konjunkturzyklus. Bedingung sei, „dass unbedingt die notwendigen Innovationen und Investitionen geleistet werden“, so Kogler, vor allem dürfe aber nicht gespart werden, wenn es gelte in einer Wirtschaftskrise gegenzusteuern.

Genaue Zahlen fehlen. Gleichwohl gibt es ein Bekenntnis, die totgesparte Justiz zu reanimieren und auch einen drohenden Kollaps des Bundesheeres, das beiden Koalitionspartnern kein Herzensanliegen ist, zu verhindern.

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