Rekordverluste bei den Energiekonzernen: Energie macht sowieso die Wende

Die Energiewende ist ein Sonderweg und zerstört auch die großen Stromkonzerne? Das Argument hört man immer wieder, ist aber Quatsch.

Menschen tragen Solarpanele bei einem Kraftwerk

Soviel Leistung wie vier Atomkraftwerke: In China wurden kürzlich riesige Solarkraftwerke gebaut Foto: reuters

BERLINtaz |Folgende Zahl haut ­Experten vom Hocker, keine Sorge, sie wird gleich erklärt: In Chile produziert ein Solarkraftwerk seinen Strom für umgerechnet 2,7 Cent pro Kilowattstunde.

Was daran so besonders ist? Nun, das macht zumindest in diesem Beispiel Solarstrom zum mit Abstand günstigsten Strom überhaupt. Energie aus Kohle kostet in Chile doppelt so viel, in Deutschland ist alles teurer, sogar Braunkohle. Aber der Vergleich hinkt natürlich, weil Brandenburg nicht die chilenische Atacamawüste ist.

Es ist nur ein kleines Beispiel aus der Welt der globalen Energiewirtschaft, die vor gewaltigen Umbrüchen steht – und Unternehmen, die sich nicht anpassen, in den Ruin treibt. Jedes Land hat seine spezifischen Sorgen, aber überall zeigt sich, dass erneuerbare Energien kaum mehr aufzuhalten sind. 318 Milliarden Dollar flossen 2015 weltweit in den Sektor, mehr als in die Ölförderung.

In den USA gingen allein 2016 sechs Kohleförderer pleite. Unter ihnen auch der weltgrößte private Förderer Peabody, der nach überstandener Insolvenz allerdings wieder auf dem Markt ist. Das Kohlesterben war einer der größten Wahlkampfschlager von Donald Trump, der unter anderem erneuerbare Energien die Schuld daran zuschrieb.

Das war allerdings falsch. Es war Strom aus billigem Erdgas, der in den USA die Kohle vom Markt verdrängt hat. Die Förderung mit der umstrittenen Frackingmethode überzieht dort ganze Landstriche mit Bohrlöchern. Die US-Regierung förderte Fracking – ebenso wie erneuerbare Energien – großzügig durch Steuererleichterungen, sie sich in den nächsten zehn Jahren auf rund 37,7 Milliarden Dollar belaufen werden.

China baut Solarzellen statt Kohlekraftwerke

In anderen Staaten kämpfen große Energiekonzerne also ebenfalls ums Überleben, das gilt auch für das Atomkraftbusiness. Dabei verzocken sich Konzerne international derzeit phänomenal: Der japanische To­shiba-Konzern musste gerade über 5 Milliarden Euro Verluste abschreiben. Der US-Atomkonzern Westinghouse, eine To­shiba-Tochter, hat gerade versucht, zwei Atomkraftwerke in den USA zu bauen, kämpft aber mit Kostenexplosionen.

Besser geht es auch den beiden teilstaatlichen Atomkonzerne EDF und Areva in Frankreich nicht. Beide drücken Schulden von je über 30 Milliarden Euro. Ohne die Garantien des französischen Staates wären die Konzerne insolvent. Auch hier ist der Grund nicht die Energiewende, sondern es sind die hohen Kosten für das neue Atomkraftwerk in Flammanville und vor allem die Konkurrenz auf dem französischen Strommarkt, nachdem die Konzerne jahrzehntelang ein gemütliches Monopol innehatten.

Noch härter sind die Bedingungen in China: Dort hat die Regierung wegen der starken Luftverschmutzung kürzlich 103 Kohleprojekte gestoppt – bei einigen Kraftwerken hatte der Bau bereits begonnen. Das Land hat dafür in einem Jahr neue Solar­zellen mit einer Leistung von 34,5 Gigawatt aufgestellt. Das sind 23-mal so viele wie in Deutschland. Die Dinger produzieren ungefähr so viel Strom wie vier Atomkraftwerke.

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