Rente für Hinterbliebene von NS-Opfer: Nochmalige Prüfung

Die Weigerung der Behörden, Eva B. Witwenrente zu zahlen, sorgt für Empörung. Die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen will den Vorgang prüfen lassen.

Zeigt sich empört über die Behandlung der Hinterbliebenen: Romani Rose vom Zentralrat der Sinti und Roma. Bild: dpa

BERLIN taz | Etwas Hoffnung für die KZ-Opfer-Witwe Eva B.: Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hat als Reaktion auf einen offenen Brief des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma veranlasst, dass sich die Behörden ihren Fall noch einmal anschauen.

Wie die taz zuvor berichtet hatte, weigert sich die zuständige Bezirksregierung Düsseldorf, der Witwe eines Auschwitz-Überlebenden eine Hinterbliebenenrente zu zahlen. „Die Ministerpräsidentin hat den Innenminister gebeten, den Fall erneut zu prüfen“, teilte ein Regierungssprecher nun am Dienstag mit. Er schränkte aber zugleich ein: „Landesregierung und Bezirksregierung müssen sich dabei aber im Rahmen des geltenden Bundesrechts bewegen.“

Zuvor hatten Sinti und Roma gegen die Weigerung protestiert, der Witwe des Auschwitz-Überlebenden Anton B. eine Rente zuzugestehen. „Das ist 67 Jahre nach dem Holocaust ein unglaublicher und nicht hinnehmbarer Vorgang“, hieß es in einem offenen Brief des Zentralratsvorsitzenden Romani Rose an NRW-Ministerpräsidentin Kraft.

Der 1924 in Herne geborene und 2009 gestorbenen Sinto Anton B. hatte als einziges von elf Geschwistern das Konzentrationslager Auschwitz überlebt und wurde später in den KZs Buchenwald und Mittelbau-Dora zur Zwangsarbeit versklavt. Zeit seines Lebens bekam er wegen als „verfolgungsbedingt“ anerkannter Gesundheitsschäden eine Opferrente.

Nach seinem Tod beantragte seine Ehefrau Eva B. eine Witwenrente, die ihr die Bezirksregierung Düsseldorf aber standhaft verwehrt. Die Behörde zweifelt posthum die ärztlichen Befunde aus den 50ern an, wonach Anton B.s Herzleiden auf die KZ-Internierung zurückzuführen sei, und begründet damit die Ablehnung des Antrags auf Hinterbliebenenrente der Witwe. „Wir werden diese Herabsetzung der Auschwitz-Opfer nicht zulassen“, schrieb der Zentralratsvorsitzende Rose Ministerpräsidentin Kraft.

Kritik kam auch von der Opposition im Bundestag. „Die Entscheidung im Fall der Witwenrente des Auschwitz-Überlebenden Anton B. macht einen fassungslos“, sagte der Linken-Abgeordnete Jan Korte der taz. „Welcher Geist herrscht eigentlich in solchen Behörden?“ Immer wieder müssten NS-Opfer und deren Angehörige um minimale Renten oder Entschädigungszahlungen kämpfen, so Korte.

Auch Volker Beck, Menschenrechtsexperte der Grünen im Bundestag, empörte sich. „Der Fall zeigt, dass das gesamte deutsche Entschädigungsrecht vom Gedanken einer Abwehr der Ansprüche getragen ist“, sagte Beck der taz. „Rechtsgrundsätze, die bei der Versorgung von Soldaten und selbst SS-Angehörigen gelten, finden beim Entschädigungsrecht keine Anwendung.“ Bei vielen verfolgungsbedingten Erkrankungen sei es fast unmöglich, den Beweis anzutreten, dass sie ausschließlich verfolgungsbedingt sind. Beck: „Hier kommt man nur mit Großzügigkeit zu mehr Gerechtigkeit.“.

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