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Rentenpaket der BundesregierungHer mit der Reichensteuer

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Das Kabinett hat am Mittwoch ein Rentenpaket beschlossen, aber ohne echte Reformen. Dabei gibt es genug Ideen, die Rente langfristig abzusichern.

„Tax the rich“ fordern Ines Schwerdtner und Jan van Aken auf dem Parteitag der Linken in Chemnitz im Mai 2025 Foto: Hendrik Schmidt/dpa

O ch nö, jetzt verstolpert sich auch noch Ines Schwerdt­ner in der Rentendebatte und lässt sich eine Aussage abringen, die sie nur Stunden später zurückholen muss: Man könne über ein „moderat“ späteres Renteneintrittsalter reden. Es klang wie ein Tabubruch der Linken-Chefin, einer Partei, die auf Soziales setzt. Zur sozialen Sicherheit zählen nämlich auch sichere Renten. Doch das heutige Rentensystem ist nicht mehr lange finanzierbar und geht vor allem zulasten jüngerer Generationen.

Die meisten Ideen, die zur Problemlösung in den Debattenring geworfen werden, kreisen vermehrt um unsoziale Ansätze: Rente mit 70, geringeres Rentenniveau, Aktienrente. Von einer echten Rentenreform, die den Ansprüchen sowohl der Älteren als auch der Jüngeren gerecht wird, ist das alles weit entfernt. Auch das Rentenpaket, das das Kabinett am Mittwoch beschlossen hat, mogelt sich um echte und nachhaltige Veränderungen herum.

Dass die sein müssen, bestätigt allein der Blick in die Kassenbücher: Im vergangenen Jahr musste der Bund über 116 Milliarden Euro in die Rentenkassen pumpen, 2023 waren es 113 Milliarden Euro, etwa 20 Prozent des Bundeshaushalts. Die Summe bedingt sich durch vielerlei Faktoren: Es gibt weniger Menschen, die in die Rentenkassen einzahlen – haben 1992 noch 2,7 Bei­trags­zah­le­r:in­nen das Ruhegeld für eine Ren­tner:in erarbeitet, rechnen Ex­per­t:in­nen damit, dass es im Jahr 2050 nur noch 1,3 Bei­trags­zah­le­r:in­nen sein werden. Menschen beziehen heute länger Rente, nicht nur weil sie älter werden, sondern weil manche früher als geplant in den Ruhestand gehen – die meisten wohlgemerkt mit Abschlägen.

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Trotz heftiger Kritik verteidigt Schwarz-Rot sein Rentenpaket: Wir haben das im Griff. Das dürften Ar­beit­neh­me­r:in­nen und -geber:innen anders sehen. Beide Seiten werden mehr in die Rentenversicherung einzahlen müssen, wobei die einen dafür weniger Netto haben, die anderen indes mehr Brutto hinlegen müssen. Trotzdem dürften die Ausgaben des Bundes für die Rente weiter steigen.

Dabei gibt es zahlreiche Möglichkeiten, die Rente sicherer zu machen: Verzicht auf die (leider doch beschlossene) ausgeweitete Mütterrente – damit würden allein 5 Milliarden Euro gespart. Weg mit dem Ehegattensplitting, das die Einverdienerehe, Mini- und Teilzeitjobs fördert. Raus mit den Frauen aus der berühmten Teilzeitfalle, sie sind wahres Arbeits- und damit Bei­trags­zah­le­r:in­nen­po­ten­zi­al. Her mit einem höheren Spitzensteuersatz und einer Vermögensteuer. Mit der könnten dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung zufolge jedes Jahr bis zu 25 Milliarden Euro eingenommen werden. Und last, but not least: Be­am­t:in­nen müssen endlich in die Rentenkasse einzahlen. Dann endet hoffentlich auch die unsägliche Debatte über Rackern bis zum Tod.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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1 Kommentar

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  • Die Mütterrente müsste aus dem allgemeinen Haushalt bezahlt werden, denn die Rentenkasse ist eine Arbeiterkasse. Mütter gibt es aber in alle Bevölkerungsschichten. Beamte zahlen nicht ein und bekommen auch nichts aus der Rentenkasse. Hat ein Beamter aber zuvor in den Rentenkasse wegen eines Arbeitsverhältnisse eingezahlt, so spart sich der Staat in dieser Höhe die Beamtenpension. Außerdem ist diese Diskussion in 20 Jahren ausgestanden, auch die Boomergeneration lebt leider nicht ewig.