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Rentenpaket im BundestagLinke ebnet Weg für Rentenpaket

Die Linke legt sich fest, wie sie im Rentenstreit abstimmen will: Eine weitere Absenkung müsse unbedingt verhindert werden.

Die Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek (die Linke): „Wir werden nicht akzeptieren, dass das Rentenniveau noch weiter gedrückt wird Foto: Chris Emil Janssen/imago

afp/dpa | Die Linken-Fraktion hat sich auf eine Enthaltung bei der Abstimmung über das umstrittene Rentenpaket festgelegt und damit die Verabschiedung des Gesetzes mit den Stimmen der Koalition erheblich erleichtert. Sollten sich tatsächlich alle 64 Abgeordneten der Linksfraktion enthalten, würde die erforderliche Mehrheit bei Anwesenheit aller anderen Abgeordneten auf 284 Stimmen schrumpfen. Die Koalition hat 328 im Bundestag und hätte damit einen komfortablen Puffer von 44 Stimmen.

Der Grund dafür ist, dass die Enthaltungen bei der Berechnung einer einfachen Mehrheit im Bundestag nicht mitgezählt werden. Es werden also nur die Ja-Stimmen gegen die Nein-Stimmen aufgerechnet. Die SPD-Fraktionsführung geht von einer geschlossenen Zustimmung der 120 sozialdemokratischen Abgeordneten aus. In der Fraktionssitzung der Union hatte es bei einer Test-Abstimmung am Dienstag 10 bis 20 Gegenstimmen und etwa eine Handvoll Enthaltungen gegeben. Die wären aber bei einer Enthaltung der Linken zu verkraften.

Die Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek begründete das Abstimmungsverhalten in einer schriftlichen Mitteilung. „Wir werden nicht akzeptieren, dass das Rentenniveau noch weiter gedrückt wird, und haben uns als Fraktion deshalb entschlossen, uns bei der voraussichtlich am Freitag anstehenden Abstimmung zum Rentenpaket der Regierung zu enthalten“, erklärte sie. „An uns wird es somit nicht scheitern, dass das Rentenniveau stabilisiert wird.“

Die Linke befürchtet offenbar, dass das Rentenniveau bei einem Scheitern dauerhaft unter die in dem Regierungsentwurf vorgesehenen 48 Prozent des Durchschnittseinkommens sinkt. „Wir werden nicht akzeptieren, dass das Rentenniveau noch weiter gedrückt wird, und haben uns als Fraktion deshalb entschlossen, uns bei der voraussichtlich am Freitag anstehenden Abstimmung zum Rentenpaket der Regierung zu enthalten“, erklärte die Linken-Fraktionsvorsitzende Heidi Reichinnek.

In der Union stemmen sich seit Wochen junge Abgeordnete gegen die Regierungspläne zur Stabilisierung des Rentenniveaus. Sie argumentieren, dass diese Kosten die künftigen Generationen übermäßig belasteten. Am Dienstag fand eine Probeabstimmung bei CDU und CSU im Bundestag statt, bei der nach Angaben aus Fraktionskreisen rund 15 Abgeordnete gegen die Rentenvorlage stimmten. Damit hätte die Koalition keine Mehrheit, wenn die Opposition geschlossen dagegen stimmen würde.

Die Union und insbesondere die Junge Gruppe von CDU und CSU hätten „in den letzten Wochen ein Machtspielchen auf dem Rücken von Millionen Rentnerinnen und Rentnern im ganzen Land ausgetragen“, erklärte Reichinnek. „Es ist absolut schäbig, dass die Union den Rentnerinnen und Rentnern nicht einmal die Butter auf dem Brot gönnt.“ Dass nach den umstrittenen Regierungsplänen zumindest das Rentenniveau bei 48 Prozent stabilisiert werden solle, sei „wirklich das absolute Minimum“. Die Linke fordert demnach eine Anhebung auf 53 Prozent.

Koalitionsmehrheit für Rentenpaket im Ausschuss

Das umstrittene Rentenpaket ist unterdessen im Arbeits- und Sozialausschuss des Bundestags mit den Stimmen der Koalition gebilligt worden. Die Linken hätten sich enthalten, die Grünen- und die AfD-Vertreterinnen und Vertreter die Regierungspläne abgelehnt, hieß es weiter aus Teilnehmerkreisen.

Damit hat das Parlament einen zentralen Schritt im parlamentarischen Verfahren absolviert. An diesem Freitag soll dann im Plenum über die Reformpläne abgestimmt werden. Wie es hieß, hätten die generell auch im Ausschuss vertretenen junge CDU-Abgeordneten Johannes Winkel und Pascal Reddig nicht mitgestimmt. Im Ausschuss entscheiden die Fraktionen en bloc. Am Freitag im Plenum ist eine namentliche Abstimmung vorgesehen – hier können einzelne Gegenstimmen bei knappen Mehrheitsverhältnissen den Ausschlag geben.

Bereits am Vortag war bei einer Test-Abstimmung in der Unionsfraktion klar geworden, dass zwar auch in der Union eine breite Mehrheit für die Rentenpläne besteht. Allerdings könnte das Rentenpaket wegen Abweichlern in den Reihen der jungen Unionsabgeordneten im Plenum auch durchfallen.

Vorgesehen ist eine Stabilisierung des Rentenniveaus bis 2031 bei 48 Prozent. Das soll gewährleisten, dass die Renten trotz immer zahlreicherer Babyboomer in Rente mit den Löhnen Schritt halten. Die Junge Gruppe lehnt ab, dass das Niveau auch ab 2032 höher liegen soll als ohne Gesetz. Zudem ist eine Ausweitung der Mütterrente vorgesehen. Auch über ein Gesetz zur Stärkung der Betriebsrenten soll abgestimmt werden.

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11 Kommentare

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  • Da die Union eine Brandmauer zu den radikale Parteien von Rechts und Links hat darf sie sich nie, bei eigener Regierungsmehrheit, abhängig machen von deren Entscheidungen. Das einzig richtige wäre es jetzt die Abstimmung abzusagen, jeder der Koalitionspartner beerdigt sein teures Projekt in der Rente ( Mütterrente, Aktivrente, Rentenniveau über 2031 hinaus ), und man macht dann eine WIRKLICHE Rentenreform ohne Geschenke dafür aber als Lösung auch für spätere Generationen.

    • @Günter Witte:

      Die Linke ist eine normale, sozialdemokratische Partei. Die sind nicht radikal. Nur vernünftig.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Ob die Linke eine normale Partei ist darüber kann man sicherlich auch einer anderen Meinung sein, nur hat die Union zur Linken einen Unvereinbarkeitsbeschluss, also eine Brandmauer nach Links genauso wie zur AfD. Also darf es nie eine Zusammenarbeit oder Tolerierung irgend einer Art zu diesen 2 Parteien geben !!

        • @Günter Witte:

          "...nur hat die Union zur Linken einen Unvereinbarkeitsbeschluss..."

          Nur das dieser Beschluss längst überholt ist. Er beruht auf Behauptungen, die damals schon fraglich waren und heute einfach nur noch Unfug sind.

  • Ich finde es schon bemerkenswert, wie oft die Linke die Demokratie rettet, die von dem Koalitionsteil CDU/CSU in höchstem Maße aufs Spiel gesetzt wird.

  • Und es geht ab, ab,abwärts

  • Sehr gut! Manchmal muss man eben pragmatisch sein, um noch Schlimmeres zu verhindern. Die Linke beweist mit dieser Entscheidung, dass sie deutlich vernünftiger ist, als die anderen Parteien. ❤️❤️❤️

  • Noch ist die Abstimmung nicht vorbei. In der Unionsfraktion dürfte es genügend Mitglieder geben, die eine Zusammenarbeit mir AfD der de facto Tolerierung durch Die Linke vorziehen, es würde mich daher nicht überraschen, wenn es deutlich mehr Abweichler gibt, als die bisher bekannten.



    Rufe ich mir Merz‘ Verhalten während der Ampelregierung ins Gedächtnis, fällt mir vor allem das Sprichwort „Hochmut kommt vor dem Fall“ ein, ich vermag mich nicht an einen Kanzler erinnern, der von der Opposition und der eigenen Partei gleichzeitig derart vorgeführt wurde.

  • Das Rentenpaket mit der Haltelinie bei 48 % hat eine grosse Zustimmung in der Bevölkerung. War es schlau von der Jungen Union den Rentnern die mickrigen 48 % Rente zu missgönnen und somit auch die ältere Bevölkerung zu diskriminieren ? Nicht wirklich. Wenn das so weiter geht wird Rente bald das neue Klima! In der Rentenkommission wird bald über die Zukunft der Rente kontrovers diskutiert werden. Auch Politiker und neue Beamte werden in die Rentenversicherung einzahlen müssen, schon aus Gründen der Solidarität und Gerechtigkeit in der Altersversorgung. Heidi Reichinnek , LINKE hat die Gunst der Stunde genutzt, um auf sich aufmerksam zu machen und zum Thema Einbeziehung der Pensionäre in die Rentenkasse wird sie sich im Frühjahr 2026 wieder melden. Die Linke ist ja laut Wahlprogramm auch dafür Politiker und neue Beamte in die Rentenversicherung einzubeziehen. Die SPD ebenso.

  • So sieht konstruktive Opposition aus, bravo!

    Und es zeigt den Pragmatismus und Gestaltungswillen der Linken.

    Natürlich muss das Rentenniveau stabilisiert werden.

    Allein schon, um unsere staatliche Rente, eine große historische Errungenschaft, zu retten. Wenn heutige Einzahler nicht erwarten können, dass sie für ihre Beiträge eine Rente erhalten werden, erodiert die Akzeptanz.

    Und damit würde das ganze System infrage gestellt und ein weiterer Schritt in Richtung gesellschaftlicher Destabilisierung getan.

  • Wunderbar! Die Linke bückt sich mal wieder, damit Fritzchen ihr mit Anlauf in den Allerwertesten treten kann. Ist ja auch nicht das erste Mal.