Reporter der „Heute Show“: Charmant und unverschämt

Als satirischer Außenreporter in der ZDF „Heute Show“ ist Lutz van der Horst brillant. In die erste Reihe darf er trotzdem nicht.

Lutz van der Horst (rechts) besucht auch kleinste Parteien. Bild: dpa

Neulich schob Lutz van der Horst auf einem AfD-Treffen ein Mitglied zur Seite: „Ich wollte nur mal gucken, ob man Sie in die rechte Ecke drängen kann“, erklärte er dem erstaunten Politiker. Und auf einem Parteitag der Linken fragte er Sahra Wagenknecht vor laufender Kamera: „Wenn man den Gedanken konsequent weiterdenkt, dass im Staate allen alles gehört, laufe ich jetzt im Prinzip in ihrer Unterwäsche rum. Ist das okay für Sie?“

Lutz van der Horst ist Außenreporter der „Heute Show“ – und mit Abstand der lustigste. Mit seinen strubbeligen Haaren, seiner freundlichen Art und der leichten Schludrigkeit wirkt er wie Astrid Lindgrens Michel aus Lönneberga. Der macht auch rotzfreche Sachen, bleibt aber der sympathische Held. Mit seinen 39 Jahren gehört van der Horst deshalb zu den Nachwuchshoffnungen im ZDF.

Als Außenreporter für das Satiremagazin reist van der Horst quer durch Deutschland. Besonders gern ins sogenannte politische Berlin. Da gibt’s viel Gelaber zu enttarnen. Die FDP und die Grünen funktionieren dabei meist am besten, so die Erfahrung des Komikers. Nur SPD-Chef Sigmar Gabriel sei eine harte Nuss, sagt van der Horst – trotz aller Vorbereitung.

So improvisiert seine Interviews wirken – hinter guten Witzen steckt viel Arbeit. Jahrelang schrieb van der Horst als Autor an Gags für diverse Comedy-Sendungen. Die Grundideen stammen stets von ihm, ebenso wie die Dramaturgie und der Zusammenschnitt seiner Einspielfilmchen.

Es war also nicht unbedingt ein spontaner Einfall, als er Jürgen Trittin vor der letzten Bundestagwahl sagte: „In Ihrem Wahlprogramm erkenne ich sehr viel Hoffnung.“ Pause. „Und zwar die Hoffnung, dass die Wähler das Programm nicht lesen werden.“ Es folgte sekundenlang eine Großaufnahme des versteinerten wahlkampfgeplagten Trittin-Gesichts.

Anprangern ohne zu verletzen

Kleinjungenhumor, kritisieren die einen. Andere beklagen, dass der Komiker mit seinen schrägen Interviews Politiker vorführe. Den bösen Jungen allein will van der Horst aber nicht mimen: „Ich möchte in der ,Heute Show‘ auch Dinge anprangern, aber ich möchte dabei nicht verletzend sein. Wenn man charmant bleibt, halten es die Gesprächspartner auch mal aus, dass sie einen reingedrückt bekommen.“ Im Idealfall lachen nicht nur Zuschauer, sondern auch die Interviewten. Darin unterscheidet er sich vom „Heute Show“-Kollegen und Chef-Satiriker Martin Sonneborn, der die Menschen tatsächlich böse vorführt.

Dem Privatmann van der Horst ist, nach eigenem Bekunden, schnell mal etwas peinlich. Auch sein „Heute Show“-Chef Oliver Welke sagt: „Ich vermute, der muss sich manchmal regelrecht überwinden, böse zu sein.“ Die Überwindung gelingt van der Horst aber schon seit Jahren recht gut.

Bereits während seines Studiums der Germanistik und Anglistik in Köln arbeitete er beim WDR-Jugendkanal 1Live. Dort schwärmen seine Kollegen noch heute davon, wie talentiert er sei, und vor allem auch: wie schmerzfrei. 2000 wechselte van der Horst zur TV-Produktionsfirma Brainpool, wo er für Stefan Raabs „TV total“ als Autor hinter der Kamera arbeitete.

Weil er aber unbedingt selbst ins Fernsehen wollte, schlüpfte er in das Kostüm des rosa „Blasehasen“, eine Plüschfigur mit hoher Peinlichkeitsstufe, die ihm seine Eltern bis heute nicht wirklich nachgesehen haben, wie er sagt.

Null Gefühl fürs Timing

2008 gründete er mit einem Kollegen ein Autorenbüro. „Das Betexten von Pannenshows war wirklich furchtbar stumpf, der Tiefpunkt meiner Autorenzeit“, sagt van der Horst. „Wir mussten das machen, um zu überleben.“

Dann ging es aufwärts: Van der Horst kehrte zurück zu 1Live und wird dort „Jimmy Breuer“ – ein selbst ernannter bester Komiker aller Zeiten, mit null Gefühl fürs Timing. Eine Art Parodie auf Schrill-Comedians wie Mario Barth und im 1Live-Sendegebiet sehr erfolgreich. Seit 2010 ist der dreifache Comedypreis-Sieger nun als Autor und Reporter für die „Heute Show“ aktiv.

Mittlerweile hat die „Heute Show“ van der Horst bekannt gemacht – fast zu bekannt für seine Rolle als vermeintlich seriöser ZDF-Journalist. Manche Befragte nehmen Reißaus, wenn sie den Mann von Weitem sehen. Andere wiederum, etwa Claudia Roth, freuen sich, dem umtriebigen Reporter mal wieder zu begegnen. Auch nicht gut für bissiges Aufdecken von Politikersprech – denn wenn am Ende beide Seiten alles nur für einen großen Scherz halten, kommt selten Entlarvendes dabei hervor.

Dennoch: Abgesehen von seinen kurzen Auftritten am Freitagabend im Hauptprogramm, dümpelt van der Horst meist nur im Spartenkanal ZDFneo oder im Hintergrund des großen ZDF herum. Bei ZDFneo durfte er sich in der Dokutainmentsendung „Wie werd’ ich …?“ als Entdecker probieren. Er war bei „Löwenzahn“ zu Gast und backstage als Reporter bei „Wetten, dass..?“ unterwegs. „Das sind vielleicht Sachen, die würden andere nicht machen – aber wenn Mainstream gut ist, warum nicht?“, sagt van der Horst.

Dass sich andere junge ZDF-Talente über ihr ewiges Spartendasein beschweren, wie etwa Jan Böhmermann, kann er nachvollziehen. Auch er sagt: „Ich würde gern mal eine Show im Hauptprogramm machen. Das wäre schon der nächste Schritt. Und ich trau mir das auch zu.“

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