Republikaner küren Mitt Romney: Kandidat für die heile Welt

Gemeinsam gegen Barack Obama und für Mitt Romney, das ist der Kitt, der die Republikaner zusammenschweißt. Statt über Politik wird über Religion geredet.

Jubelfeier zur Kandidatenkür: Mitt und Ann Romney beim „Parteitag“ der Republikaner. Bild: dpa

TAMPA taz | „Traut den linken Medien nicht“, steht auf dem wohnzimmergroßen Transparent neben der Schnellstraße, die nach Tampa führt. Die Botschaft richtet sich an RepublikanerInnen auf dem Weg zu ihrem Parteitag. Bei der Krönung von Mitt Romney zu ihrem offiziellen Präsidentschaftskandidaten sollen sie wissen, dass die Welt draußen voller Feinde ist.

Der gefährlichste von allen ist Barack Obama. Auf ihn, auf sein Studium, auf seine Frau, auf seine Politik und auf seine angeblichen „Kriege“ gegen freies Unternehmertum, gegen Kohlenbergbau, gegen Ölförderung und gegen „Amerikas Rolle in der Welt“ schießen sich die 50.000 Republikaner ein. „Schickt Obama zurück nach Chicago“, ist der größte gemeinsamer Nenner von Tampa.

Im Zentrum der Stadt in Florida ist es ungewöhnlich ruhig. Die meisten Geschäfte und Büros sind in dieser Woche wegen des Parteitags geschlossen. Die Straßen sind gesperrt. Große Schwärme von Polizisten, Coast Guards, und Geheimdienstlern sind zu Fuß, per Rad und auf Pferden unterwegs. Der Weg zum Kongresszentrum ist ein Hindernislauf zwischen Absperrgittern, Metalldetektoren und Schnüffelhundekontrollen.

Es ist Dienstag und der verspätete Beginn des Parteitags. Hurrikan „Isaac“ hat für die Verkürzung um einen Tag gesorgt. Nachdem der Sturm ein paar hundert Meilen weiter westlich über das Land gezogen ist, stiehlt er dem Parteitag weiter die Schau.

TV-Sender berichten lieber vom Hurrikan

Die Fernsehsender, die auf eine Woche mit den Republikanern eingestellt waren, berichten stattdessen live aus dem Sturmgebiet in Louisiana. Und Präsident Obama zeigt mit einer schnellen Reaktion schon bevor der Sturmschaden eintritt, dass es auch anders geht, als sein Vorgänger es im Jahr 2005 bei „Katrina“ getan hat.

Im Inneren des Kongresszentrums in Tampa bestimmen die Nationalfarben den Ton. Die Bühne ist mit Holz für zweieinhalb Millionen Dollar umgebaut worden. Sie erinnert an ein biederes Wohnzimmer. An den Wänden hängen Bilder von Kriegsveteranen und Schwarz-Weiß-Fotos von Romney und seinem neuen Vize, Paul Ryan. Sie sind auf alt getrimmt – auf eine Zeit, in der die republikanische Welt noch in Ordnung war.

Der meistgetragene Themen-Button trägt die Worte: „Pro Life“. Die TrägerInnen dieser Buttons sind gegen Abtreibungen in fast allen Fällen – auch wenn die werdende Mutter vergewaltigt oder Opfer von Inzest geworden ist. Viele von ihnen zeigen auch Verständnis für den Senatskandidaten Todd Akin aus Missouri, der selbst nicht nach Tampa kommen durfte.

„Er hat etwas Dummes über Vergewaltigungen gesagt“, meint die Delegierte Susy Carter aus Texas, „aber wer von uns ist frei davon, sich mal zu versprechen? Ansonsten ist er ein ausgezeichneter Mann: Er hat im Kongress immer für das Leben gestimmt.“ Neben der Abtreibungsfrage scheint auch die Gegnerschaft zur Homosexuellenehe im gefühlten Zentrum der republikanischen Basis zu stehen. Ein Interview mit Delegierten führt schon nach wenigen Minuten zu Bibelzitaten.

Über Arbeistplätze reden die Delegierten nicht

Und dann weiter zu einem theologischen Austausch querbeet. Eine „messianische Jüdin“, eine „Mormonin“ und ein „römisch katholischer“ Delegierter sind sich uneinig darüber, was „Heilige“ sind. Von Außenpolitik, von den Kriegen und Drohneneinsätzen ist keine Rede. Das Thema Arbeitsplätze taucht kaum auf.

Bei anderen Krönungsparteitagen der letzten Jahrzehnte ist der Name des Vizepräsidentschaftskandidaten veröffentlicht worden. Noch früher fanden auf Parteitagen Debatten und Abstimmungen mit offenem Ausgang statt. In Tampa haben die Führungsgremien der Partei alles festgelegt.

Es ist keine Überraschung, dass Romney mit überragender Mehrheit (2.061 von knapp 2.300 Delegiertenstimmen) zum Präsidentschaftskandidaten gekürt wird. Es ist auch keine Überraschung, dass seine Unterstützer die Einzigen sind, die Reden halten dürfen. Auffallend ist allenfalls, mit wie viel Wut die letzten innerparteilichen Kritiker Romneys – die Ron-Paul-Anhänger – niedergeschrien werden.

Ron Paul nimmt ein Bad in der Menge, als er am Dienstagnachmittag zu den Delegierten kommt. Der einzige verbliebene Präsidentschaftskandidat ist von einer Traube von Menschen umgeben. Er hat zwar nicht eine Mehrheit erobert, wie Romney, wohl aber viele Herzen.

Die ganz gewöhnliche Multimillionärin

Für die Gefühlswallungen zugunsten von Romney sorgt am ersten Parteitagsabend seine Gattin Ann. Die Multimillionärin tritt in einem knallroten Kleid auf und zeichnet das Bild einer ganz gewöhnlichen amerikanischen Familie. Spricht von ihrem ersten, 42 Jahre zurückliegenden Tanz mit dem Präsidentschaftskandidaten, erwähnt ihre beiden schweren Krankheiten (Krebs und Multiple Sklerose) und erzählt den Alltag mit Kindern und Enkelkindern.

Dann kommt der Gouverneur von New Jersey, um die politische Richtung zu erklären. Chris Christie, der nicht selbst kandidieren wollte, stellt sich hinter Romney. Und verspricht ein „starkes Amerika“ – politisch und militärisch.

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