Richtungsstreit bei Spaniens Podemos: Konsens, Kompromiss, Konflikt

Nur knapp gewinnt Podemos-Generalsekretär Pablo Iglesias eine Urabstimmung über Parteitagsregeln. Die Partei bleibt stark gespalten.

Zwei Männer sitzen nebeneinander.

Wollen nicht das gleiche: Generalsekretär Pablo Iglesias (rechts) und Nummer 2 Iñigo Errejón Foto: dpa

MADRID taz | Der Generalsekretär der linken Podemos, Pablo Iglesias, hat am Donnerstag seine erste Schlappe bei einer Urabstimmung einstecken müssen. Zwar gewann der von ihm unterstützte Vorschlag, wie auf dem Parteitag am zweiten Februarwochenende debattiert und abgestimmt werden soll, knapp. Doch mit nur 41,6 Prozent der 99.000 online abgegebenen Stimmen ist es ein Pyrrhussieg.

Denn die Strömung rund um Politiksekretär und Nummer 2 der jungen Formation, Iñigo Errejón, erzielte nur 2.000 Stimmen weniger und liegt bei 39,1 Prozent. Dritter im Rennen wurden der Vorschlag die trotzkistisch beeinflussten Antikapitalisten mit 10,5 Prozent.

Während die Verfahrensweise von Iglesias einen Bonus für die meistgewählte Liste für die Ämter im Parteivorstand vorsieht, waren die anderen beiden Verfahren proportional. Mit einem Bonusverfahren will sich Iglesias eine starke Macht im Februar sichern. Mit dem jetzigen Ergebnis ist allerdings nicht klar, ob seine Liste überhaupt stärkste Kraft werden wird.

Errejón verlangte nach Bekanntgabe des Ergebnisses Verhandlungen, um mit einem Konsensprogramm in den Parteitag zu gehen. Auch Iglesias sprach von Kompromissen. Doch leicht wird das nicht. Zu unterschiedlich sind die Zukunftskonzepte, die „Pablistas“ und „Errejonistas“ vorschlagen.

Transversale Partei oder breites Linksbündnis?

Errejón setzt auf ein Podemos, das weiterhin auf den Ideen der Empörtenbewegung 15M aufbaut. Er spricht von einer „transversalen Partei“, die „weder links noch rechts“ sein soll, sondern eine neue soziale Mehrheit anstrebt.

Iglesias hingegen will die Strategie ändern. Er redet von einem breiten Linksbündnis. Das Wahlbündnis mit der postkommunistischen Vereinigten Linken (IU) soll gestärkt und wenn möglich in eine gemeinsame Organisation überführt werden.

Bei der Basis stößt dies nicht nur auf Zustimmung. Denn als beide Parteien bei den Wahlen im Juni gemeinsam antraten, erzielten sie eine Million stimmen weniger als noch im Dezember 2015 getrennt. Für viele Podemos-Wähler steht IU für die alte Politik, die Podemos eigentlich überwinden wollte.

Da ein Großteil derer, die seit Gründung 2014 den Apparat stellen, sich hinter Errejón zusammengefunden haben, reagiert Iglesias mit Entlassungen von bisherige Berater und Mitarbeiter aus dem Umfeld der Empörtenbewegung und umgibt sich zusehends mit ehemaligen Mitgliedern der kommunistischen Jugend.

Beide Projekte fast gleichstark

„Es gibt zwei Projekte, die fast gleichstark sind und sich gegenseitige ergänzen“, erklärt Errejón. Falls Iglesias weiterhin auf seinen stramm linken Kurs bestehe, will Errejón mit einer eigenen Liste und einem eigenen Programm antreten.

Da der Generalsekretär unabhängig von den Listen gewählt wird, wird Errejón wohl nicht gegen Iglesias antreten. Mit einer Einschränkung. „Wenn beide Projekte nicht mit einander vereinbar sind“, werde er es sich überlegen, erklärte er vor einigen Tagen im Rundfunk. Iglesias weiß seit der knapp gewonnen Abstimmung, dass sein Sieg dann alles andere als sicher wäre.

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