Rinderfreundliche Rinderzucht: Landwirtschaftsminister will mehr Licht

Niedersachsen Agrarminister Gert Lindemann (CDU) wirbt für Rinder-Auslaufställe. So müssten die Tiere nicht mehr das ganze Jahr angebunden sein.

Sollen mehr Sonne abbekommen: Kühe in Niedersachsen. Bild: dpa

HAMBURG taz | Niedersachsens Landwirtschaftsminister will mehr Sonne für Kühe: Gert Lindemann (CDU) hat auf einem landwirtschaftlichem Branchentreff vorgeschlagen, Laufhöfe an den Ställen von Milchbauern und Rinderzüchtern anzubauen. Damit hätten die Tier mehr Bewegungsfreiheit. Wo Weidegang nicht möglich sei, könnten Laufhöfe mit Tageslicht innerhalb des Betriebs eine Lösung sein, so Lindemann.

Die ganzjährige Stallhaltung von dauerhaft angebundenen Rindern wäre nicht mehr zeitgemäß. Auf der "Wintertagung Rind" im landwirtschaftlichen Bildungszentrum in Echem (bei Lüneburg) brachte er diese Idee ins Spiel. Für ihn ist sie eine Erläuterung seines 38 Punkte umfassenden Tierschutzplans zur Verbesserung der Haltungsbedingungen bei Nutztieren aus dem Frühjahr 2011.

Die Vorschlag für Laufhöfe betrifft vor allem Altbauten, die nicht die seit gut fünf Jahren geltenden Tierschutz-Regeln erfüllen: Sie schreiben ausreichend Luftzufuhr und Auslauf vor. Demnach sollen Bauern an ihre Ställe einen Auslauf von bis zu 50 Quadratmeter andocken, erklärt Ludwig Diekmann vom Unternehmensbereich Tier in der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. "Die Milchkühe können so jederzeit aus dem Stall gehen und alle Klimareize, wie Licht, Luft und Regen, empfangen." Ein Anbau koste um die zwei bis dreitausend Euro, und sei damit um die Hälfte günstiger als ein Neubau.

Der 38-Punkte-Plan wurde im Frühjahr 2011 als Reaktion auf Kritik an Nutztierhaltung vorgestellt.

Umsetzungs-Zeitraum: Der Tierschutzplan ist auf sieben Jahre angelegt.

Plan: 40 Schwerpunktthemen für zwölf Tiergruppen, unter anderem der Ausstieg vom Schnabelkürzen bei Puten und der Verzicht auf betäubungslose Kastration bei Ferkeln.

Rinder: Sechs Schwerpunkte, zum Beispiel der Verzicht auf das Schwanzspitzenkürzen bei Bullen; die Zuchtauswahl, um Euter-Erkrankungen vorzubeugen; Laufhöfe; das Verbot von Anbindehaltung und der Ausstieg aus dem betäubungslosen Enthornen von Kälbern.

Um wie viele Ställe es geht, ist unklar. Konkrete Zahlen waren am Montag nicht zu erhalten. Selbst die groben Einschätzungen sind recht unterschiedlich: Die Landwirtschaftskammer sagt, es würde noch "einige Ställe" dieser Art geben, sie hätten immerhin eine Haltbarkeitsdauer von bis zu 30 Jahren. Ein Sprecher des Landwirtschaftsministerium dagegen sagt, es stünden zwar noch welche, die Problematik sei aber bei weitem "nicht dominant".

Und für wie dringlich hält das Ministerium die Stall-Anbauten? Die vorgeschlagenen Laufhöfe sei ein praktischer Lösungsansatz, wie man die Haltungsbedingungen bei Nutztieren verbessern kann, und wäre nur ein Beispiel von vielen.

Denn Lindemanns schlug in Echem den Rinderhaltern auch vor, durch Zuchtauswahl Euterkrankheiten vorzubeugen und das Enthornen ohne Betäubung bei Kälbern abzuschaffen - mit Verweis auf sein Konzept. "Der Tierschutzplan sieht auch bei Kälbern unter 6 Wochen eine Betäubung vor", so Lindemann.

Kritiker wie Eckehard Niemann von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, finden Lindemanns Vorschlägen grundsätzlich in Ordnung, bemängeln aber, dass es seiner Strategie an einem klaren Mittelpunkt fehle. Demnach lasse Lindemann die Betriebsgröße außen vor und würde den Weidegang von Kühen, der durch Laufhöfe ja nicht ersetzt wird, gar nicht weiter thematisieren.

Marianne König, agrarpolitische Sprecherin der Linken im niedersächsischen Landtag kritisiert: "Lindemanns Zeitplan setzt vor allem auf Zeit." Sein Plan garantiere darüber hinaus keine artgerechte Tierhaltung. "Für uns gehören Rinder auf die Weide."

Wie es konkret mit dem umfangreichen Maßnahmen-Paket von Lindemann weiter geht, ist allerdings offenbar unklar. Es gibt bisher keine klare Richtlinie, wie etwa die vorgeschlagene Einführung von Laufhöfen oder die Betäubungen von Kälbern bei der Enthornung verbindlich durchgesetzt werden soll. Lindemanns Sprecher sagt: "Über die Umsetzung wird man diskutieren."

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