Risse im Mauerwerk: Das Steintor wackelt

Die Baugesellschaft Tektum wollte im Steintor trotz Einwänden der Anwohner*innen eine Tiefgarage bauen – nun haben alle Häuser rundherum Risse in den Wänden.

Eine Hausfassade mit Rissen im Mauerwerk.

Tiefgaragen-Bau mit Nebeneffekten: So sehen die Fassadenrisse im Fesenfeld aus Foto: Hans Werner Bernd

BREMEN taz | Im Steintor-Viertel, genauer gesagt im Fesenfeld, wo die Baugesellschaft Tektum in eine Baulücke ein großes Wohnhaus stellt, haben rundherum alle Nachbarhäuser Risse bekommen. An zwei Häusern hat die Baufirma sogar Stahlträger angebracht, damit die Außenfassaden nicht stürzen. „Das tut uns leid“, sagt Kerstin Renkwitz, Prokuristin bei Tektum. Natürlich sei das „unvorhersehbar“ gewesen.

Außen an den Wänden sind die langen Risse unübersehbar, bis ans Dach reichen sie heran. „Der Wind pfiff durch die Ritze“, sagt Anwohnerin Irene Lüking. Im Badezimmer sind Kacheln gerissen, ein Fenster ist aus der Wand herausgesprungen – mit Silikon hat die Baufirma die Ritze angedichtet.

„Das ist überhaupt nicht überraschend“, sagt Barbara Larisch von der Bürgerinitiative der Anwohner. „Wir haben denen das im letzten Sommer schon gesagt.“ Die Initiative hatte verzweifelt gefordert, das Bauvolumen zu reduzieren. Eine „Schiedskommission“ der Baubehörde beschnitt die Pläne daraufhin ein wenig. Ein wenig. Bis hart an die Grundstücksgrenze durfte Tektum bauen – und ausbaggern.

Der Untergrund ist hier „Schluff“, das ist so etwas wie Moor. Statt Pfähle in diesen Untergrund zu treiben und das Gebäude auf diese Weise zu stabilisieren – ein gängiges Verfahren – baggerte Tektum den Schluff aus und füllte die Grube mit Sand. Der wurde festgestampft. „Das war jedes Mal ein kleines Erdbeben“, sagt Irene Lüking.

In der Bauakte der Behörde war zunächst auch eine Pfahlgründung vorgesehen. Trotzdem ließ sich die Behörde auf das Ausbaggern ein. Es sei „alles mit der Genehmigung der Bauverwaltung“ geschehen, versichert die Tektum-Prokuristin Renkwitz. Natürlich komme ihr Unternehmen für die Schäden auf. Aber der Boden bewege sich jetzt nicht mehr. Tektum habe Messpunkte gesetzt.

Die Initiative hatte gefordert, das Bauvolumen zu reduzieren

Hinter der Baugrube, parallel zum Fesenfeld, verläuft die Lindhornstraße. „Die Absenkung der Rückwand in Richtung Baugrube hat zu massiven Schäden in den Häusern in der Lindhornstraße 26, 27, 28 und inzwischen auch 29 geführt“, sagt eine Anwohnerin dort. Ihr Haus stammt aus dem Jahre 1880. Man habe die Baufirma rechtzeitig gewarnt, die per Rechtsanwalt zur Absicherung geforderte Spundwand sei aber nicht fachgerecht gebaut worden.

Die Baufirma hat noch versucht, Nachbarhäuser dadurch zu stabilisieren, dass sie deren Fundament mit Beton unterstützte. Das wurde den Besitzern der Nachbarimmobilien mit einer Mail angekündigt. Wörtlich heißt es da: „Moin, wie eben vor Ihrer Tür kurz angeschnitten, möchte ich Sie über Abfangarbeiten unter Ihrem Giebel informieren. Da wir mit unserer Gründung deutlich unter der Ihres Gebäudes landen, plane ich, Ihr Gebäude mittels Beton zu stabilisieren und abzufangen, um meine Gründung gefahrlos und ohne Auswirkungen auf Ihr Gebäude auszuführen“, schrieb der Bauleiter.

„Mich ärgert die Dreistigkeit solcher Investoren, die ohne Rücksicht auf die Nachbarschaft solche Klötze planen“, hatte Inge Lüking der taz bereits im August 2017 erklärt. „Und unser grüner Bausenator segnet das ab. Das frustriert mich.“

Am Dienstagabend stand Bausenator Joachim Lohse (Grüne) dann selbst an der Baugrube – ohne Ankündigung. Er wollte sich offenbar persönlich ein Bild machen. Niemand hätte das mitbekommen, wenn nicht Anwohnerin Brigitte Melinkat zufällig nach Hause gekommen wäre und ihn erkannt hätte. Sie hat ihm ihr Badezimmer gezeigt, die gerissenen Kacheln. Er sei sehr betroffen gewesen, sagt sie. Und irgendwie hilflos.

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