Rita Mohr-Lüllmann will in den Bundestag: Perestroika in Bremens CDU

Revolution! Mit innerparteilicher Demokratie will Rita Mohr-Lüllmann klären, ob sie bei der Bundestagswahl für die Bremer Union antritt

Sie will für Bremen in den Bundestag, er nicht nochmal: Rita Mohr-Lüllmann und Bernd Neumann Bild: dpa

Die Mitglieder der Bremer CDU sollen darüber abstimmen, wer sich auf Listenplatz eins und als DirektkandidatIn für den Bundestag bewerben darf. „Mein Prinzip ist es, dass wir keine Partei von Karteileichen sind“, sagte Landesvorsitzende Rita Mohr-Lüllmann der taz. „Wer Mitglied ist, soll wichtige Fragen mitentscheiden dürfen.“ Und dazu gehöre die Frage, wer sich auf dem aussichtsreichen ersten Platz der Landesliste Hoffnungen auf ein Mandat in Berlin machen darf. „So etwas kann und darf nicht länger von kleinen Gruppen in Hinterzimmern ausgehandelt werden.“

Für Bremer CDU-Verhältnisse ist das keine kleine Revolution: So hatte Mohr-Lüllmanns Ankündigung, sich in der Frage der Kandidatur einem Votum der Partei zu stellen, Mitte der Woche in Teilen der Union für Unruhe gesorgt. Genauer gesagt: In Bremerhaven, bei Michael Teiser und seinem Spezi Thomas Röwekamp, dem Innensenator a. D. und jetzigem Fraktionsvorsitzenden. Der war ja auch mal Chef der Landespartei – bis Mohr-Lüllmann ihn abgelöst hat. Und richtig versöhnlich ist er seither nicht gestimmt: So übernimmt der Pressesprecher der Fraktion nicht mehr, wie früher, in einem zweiten Halbtagsjob die Öffentlichkeitsarbeit der Partei. Den vakanten neu zu besetzen hat man Mohr-Lüllmann aber auch verweigert. Und wer sich bei der Fraktionsgeschäftsstelle im Bremer CDU-Haus nach ihr erkundigt, erfährt, dass er „hier ganz falsch“ sei: Dabei ist sie auch Mitglied des Parlaments und stellvertretende Vorsitzende der Bürgerschafts-CDU.

Via Bildzeitung ließ Röwekamp also ausrichten, dass Mohr-Lüllmanns im Weser-Kurier gemachte Ankündigung „viele in der Partei überrascht“ habe. Warum? „Ich hatte erwartet, dass wir erst über ihre Kandidatur in den entsprechenden Gremien reden“, so der Ex-Chef – jenen Hinterzimmern also, die Mohr-Lüllmann lüften will. Tatsächlich wäre Gremienmauschelei der einzige Weg gewesen, eine Mehrheit für Michael Teiser zu organisieren und ein Mitglieder-Votum zu vermeiden. Das muss laut Satzung von zehn Prozent der ParteibuchinhaberInnen gefordert werden – das macht 300 Unterschriften. Erst danach wird ein Termin gesucht. Zum Aufstellen der Bundestagswahlliste ist bis Mitte März Zeit.

Wie bitter für Teiser. Denn wer zwei Legislaturperioden im Bundestag verbracht hat, erhält das Altersruhegeld in Höhe von 1.682 Euro. Teiser saß von 1994 bis 1998 im Bonner Wasserwerk und hätte für den Rentennachschlag wohl auch gerne noch den Reichstag ausprobiert. Doch bei einer Mitgliederbefragung gilt er als chancenlos, selbst in Bremerhaven bröckelt seine Machtposition: Namentlich ein Zoff mit dem ehemaligen Junge Union-Chef Denis Ugurcu (taz berichtete) hat dem Ansehen des Kreisvorsitzenden geschadet. Und in Bremen-Stadt ist er verhasst.

Das kann Mohr-Lüllmann nicht entgangen sein. „Es darf sich jeder bewerben“, informiert sie. Forderungen, dass sie sich als Parteichefin in Zurückhaltung hätte üben müssen, lässt sie nicht gelten: „Ich halte das für vollkommen normal, als Landesvorsitzende die Partei und Bremen auch im Bund vertreten zu wollen – wenn denn die Mitglieder dies wollen.“ Zu klären sei gewesen, „ob Bernd Neumann erneut antreten will oder nicht“. Das habe sie getan. Er wolle nicht.

Stimmt, bestätigt sein Büro. Und lässt ausrichten, dass Neumann sich zu allem Übrigen nicht äußern wolle, weder zur Mitgliederbefragung noch zur Bremer CDU-Personalpolitik. Auch die kolportierte Interpretation, Neumann mache „den Weg frei“ für Mohr-Lüllmann, will sein Sprecher Michael Glintenkamp nicht gelten lassen. „Neumann will niemanden für das Mandat empfehlen.“ Wohl wissend, dass ein Wort des Gran’ Ol‘ Man die ganze Diskussion beendet – und bindender sogar als jeder Hinterzimmer-Deal entschieden hätte.

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