Rot-Rot-Grün in Berlin: Holm ist jetzt Staatssekretär

Der Senat gibt grünes Licht für die Ernennung des umstrittenen Soziologen – wie bei Staatssekretären üblich vorerst auf Probe.

Andrej Holm

Darf jetzt anfangen im Staatsdienst: Andrej Holm Foto: dpa

Trotz Kritik an seiner Stasi-Vergangenheit hat die neue rot-rot-grüne Landesregierung am Dienstag den Soziologen und Gentrifizierungskritiker Andrey Holm zum Staatssekretär gemacht. „Dem Senat sind keine Erkenntnisse vorgelegt worden, die einer Ernennung widersprechen würden“, sagte der Chef der Senatskanzlei, Björn Böhning (SPD), nach der Senatssitzung vor Journalisten.

Wie bei Staatssekretären üblich, ist Holm auf Probe eingestellt, Beamter kann er frühestens nach einem Jahr werden. Die Probezeit dient, wie bei anderen jetzt ernannten Staatssekretären, unter anderem einer Eignungsüberprüfung und dem Check durch die Stasi-Unterlagenbehörde. „Das gilt es abzuwarten“, sagte Böhning.

Die neue Senatorin für Stadtentwicklung und Bauen, Katrin Lompscher (Linkspartei), hatte den parteilosen Holm am Donnerstag überraschend als einen ihrer beiden Staatssekretäre vorgeschlagen. Auf dem zweiten Posten bleibt wie unter Lompschers Vorgänger Andreas Geisel (SPD) die Stadtplanerin Regula Lüscher, die schon 2007 aus Zürich in die Berliner Landesregierung wechselte.

Lompschers Wunsch, dem der Senat nun nachkam, rief nicht nur bei den Oppositionsparteien im Abgeordnetenhaus – CDU, AfD und FDP – Ablehnung hervor. Auch der Direktor der Gedenkstätte Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, und der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, äußerten sich kritisch. Ihm sei bislang kein Fall aus der Vergangenheit bekannt, dass ein Regierungsmitglied in Bund und Ländern einen Stasi-Ausweis besessen habe, sagte Knabe.

Und von Jahn war zu hören: „Hier wird deutlich, dass insbesondere die Links-Partei es noch nicht geschafft hat, eine glaubhafte Auseinandersetzung mit ihrer Vergangenheit zu führen.“

CDU-Fraktionschef Florian Graf störte sich auch an einem anderem Punkt in Holms Biografie. Der Bundesgerichtshof habe 2007 bei Holm eine „linksextremistische Einstellung“ festgestellt. „Es ist nicht bekannt, dass sich Herr Holm davon distanziert hat und heute Gewähr bietet, jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung unseres Landes einzutreten“, sagte Graf.

Der promovierte 46-jährige Holm war bislang wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Stadt- und Regionalsoziologie der Humboldt-Universität (HU), hatte sich als Forscher und Interviewpartner zum Thema Gentrifizierung einen Namen gemacht. Auf die Andeutung eines Journalisten in der Pressekonferenz nach der Senatssitzung, Holm könnte unzutreffende oder unvollständige Angaben bei seiner Einstellung an der HU gemacht haben, sagte Senatskanzleichef Böhning, man habe davon keine Kenntnis.

Die ersten von insgesamt 25 Staatssekretären, die die jeweiligen Senatsverwaltungen lenken und die Senatoren vertreten, hatte der Senat bereits am Donnerstag ernannt, bei den noch fehlenden soll das laut Böhning nächste Woche erfolgen.

Regierungschef Michael Müller (SPD) warnt derweil vor einer vorschnellen Verurteilung des neuen Staatssekretärs Holm. „Was er wann gemacht hat, wann die Tätigkeit fürs MfS eingestellt wurde, wie er selbst damit umgegangen ist – das sind bei so einem sensiblen Thema legitime Fragen. Und die müssen auch alle von Herrn Holm beantwortet werden“, sagte Müller der dpa. All das werde neutral geprüft.

Der Regierende Bürgermeister betonte aber auch: „Wenn es dabei bleibt, was wir bisher wissen – dass er als Jugendlicher etwas unterschrieben hat, das als 19-Jähriger durch den Mauerfall schon wieder erledigt war und von dem er sich danach öffentlich klar distanziert hat – dann ist da nichts weiter, was man ihm vorwerfen kann.“

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