Holm macht Schluss mit Rot-Rot-Grün

Berlin Der wegen seiner Stasi-Vergangenheit umstrittene Staatssekretär räumt seinen Posten – nicht freiwillig, aber von sich aus. Er nimmt damit Druck von der Koalition, die nach nur einem Monat tief in der Krise steckt

Anfang vom Ende: Mitte Dezember räumte Holm, hier mit Senatorin Lompscher, ein, falsche Angaben gemacht zu haben Foto: Rainer Jensen/dpa

Aus Berlin Bert Schulz

Nach nur fünf Wochen ist die Karriere von Andrej Holm als Berliner Staatssekretär für Wohnen wieder passé. Am Montagmittag verkündete der 46-Jährige seinen Rücktritt. Holm, der von der Linkspartei nominiert worden war, begründete dies mit der fehlenden Unterstützung durch die Regierungspartner SPD und Grüne und zog den Schluss: „Die Koalition selbst steht an einem Scheideweg.“

Dass der Stadtsoziologe die Landespolitik mitbestimmen sollte, hatte für Euphorie bei Aktivisten gesorgt. Doch schon vor seiner Ernennung kämpfte er mit Kritik wegen seiner viermonatigen Stasi-Tätigkeit als 18-Jähriger. Die war seit einem taz-Interview aus dem Jahr 2007 bekannt gewesen. Allerdings musste der Soziologe nun zugeben, bei der Einstellung an der Humboldt-Universität 2005 falsche Angaben über seinen Status als Stasi-Hauptamtlicher gemacht zu haben.

Noch prüft die Humboldt-Universität den Fall. Doch als Holm in einer Stellungnahme dazu erklärte, er wünsche sich eine politische Entscheidung, platzte dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Samstag der Kragen. Er forderte Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) auf, bis Dienstag ihren Staatssekretär zu entlassen. Die Linke reagierte konsterniert bis erzürnt. Mit seinem Rückzug nimmt Holm nun Druck vom erst einen Monat alten Berliner Regierungsbündnis, das von einer Panne in die nächste taumelt.

Holm kritisierte in seiner Rücktrittserklärung Rot-Rot-Grün: „Den versprochenen Aufbruch in eine andere Stadtpolitik hat diese Koalition bisher nicht ernsthaft begonnen – das allein mit meiner Personalie zu begründen, wäre absurd.“ Der starke Widerstand gegen seine Person sei „vor allem“ auf die „Angst vor einer Wende im Bereich der Stadt- und Wohnungspolitik“ zurückzuführen. Ähnlich äußerten sich am Montag Unterstützer Holms aus mieten- und wohnungspolitischen Initiativen.

Senatorin Lompscher bedauerte den Rückzug „sehr“. Die Entscheidung sei „bitter und dennoch nachvollziehbar“, da der Rückhalt nicht stark genug gewesen sei. Über einen Nachfolger wurde am Montag nichts bekannt. Die Grünen nahmen den Rücktritt „mit Respekt“ zur Kenntnis. CDU-Fraktionschef Florian Graf nannte sie dagegen „überfällig“. „Die Wortwahl Holms gegen die SPD zeigt, wie zerrüttet diese Koalition ist.“

Die Berliner Linkspartei zieht aus den Debatten auch den Schluss, „in einer besonderen Verantwortung für die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit“ zu stehen. So heißt es in einer gemeinsamen Erklärung.:„Offensichtlich gibt es noch einen großen gesellschaftlichen Bedarf, über unsere deutsch-deutsche Vergangenheit zu sprechen“, hatte die grüne Fraktionschefin Antje Kapek schon zuvor gesagt. Am Montag fügten die Grünen hinzu: „Die Debatte der letzten Wochen wird weder ihm noch der notwendigen Aufarbeitung von DDR-Unrecht gerecht.“

Holms Karriere als Staatssekretär ist zwar beendet, die als außerparlamentarischer Aktivist aber nicht. Er lud für Montagabend zu einem Treffen, auf dem überlegt werden sollte, „wie wir auch ohne mich als Staatssekretär eine soziale Wohnungspolitik in Berlin am besten durch- und umsetzen können“.