Rot-schwarze Koalitionsverhandlungen: Zwillinge drücken voll aufs Tempo

In lockerer Atmosphäre beginnen SPD und CDU ihre Gespräche. Bereits am 15. November soll der Text des Koalitionsvertrags ausformuliert sein.

Der Henkel und der Wowereit am Mittwoch Bild: dpa

Über drei Stunden später wundert sich ein CDUler noch immer: "Extrem entspannt" sei der Auftakt der Koalitionsverhandlungen gewesen - "Landesvorstandssitzungen sind manchmal anstrengender." Man hätte mitzählen müssen, als der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und CDU-Chef Frank Henkel nach dem Auftakt der Koalitionsverhandlungen am Mittwoch vor die Journalisten traten: Immer wieder fiel der Begriff "Einvernehmen". Da überraschte es kaum noch, dass die beiden Parteien, von denen es so oft hieß, sie passten nicht zueinander, den Koalitionsvertrag schon am 15. November fertig haben wollen. Dass er grundsätzlich fertig wird, steht seit diesem Autritt außer Frage.

"Wie siamesische Zwillinge", kommentierte eine langjährige Parlamentsbeobachterin den Auftritt von Wowereit und Henkel. Beide - ohnehin fast gleich in Größe und Körperbau - trugen auch noch ähnliche dunkle Anzüge und offene weiße Hemden ohne Krawatte. Dem Eindruck eines guten gegenseitigen Verständnisses mochten sie auch gar nicht widersprechen. Wobei Wowereit, nicht uneitel, zum Begriff Zwillinge einer Journalistin gegenüber bemerkte, dass er dazu gewichtsmäßig noch zulegen und Henkel abnehmen müsste.

Dass es derart locker zugehen würde, war nicht unbedingt zu erwarten. Weitgehend kommentarlos waren die je neunköpfigen Verhandlungsgruppen am Vormittag im Louise-Schroeder-Saal des Roten Rathauses verschwunden. Nur von Mark Rackles, dem Wortführer der SPD-Linken, war zu hören: "Ich hoffe, dass es länger als eine Stunde dauert." Eine Anspielung darauf, dass die rot-grünen Koalitionsverhandlungen vergangene Woche nach kurzer Zeit geplatzt waren.

Das Einvernehmen beschränkte sich nicht auf Stimmung und einheitliche Kleidung. Auch inhaltlich gab es keine Differenzen, nachdem zum Auftakt Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) eine gute Stunde die Kassenlage Berlins dargelegt hatte. Es gebe bereits ein "breites Einvernehmen", dass die Koalitionäre an der bisherigen Haushaltskonsolisierung festhalten wollten, sagte Wowereit. Das bedeute für die acht Arbeitsgruppen, die ab Donnerstag mit ihren je 10 bis 16 Mitgliedern tagen, dass nicht alles Wünschenswerte auch finanzierbar sei. Henkel sah das genauso: "Verantwortung zu übernehmen heißt nicht Wünsch-dir-was."

Selbst dass die SPD einen Tag zuvor de facto noch ihren Favoriten Udo Hansen als Polizeipräsidenten durchgewunken hatte, sollte die rot-schwarzen Beziehungen nicht trüben. "Wir haben weder direkt noch nebenbei darüber gesprochen", sagte Henkel. Die CDU hatte das Auswahlverfahren für den Polizeichef mehrfach kritisiert.

Schaffen es SPD und CDU tatsächlich, sich bis Mitte November auf einen Vertragstext zu einigen, könnten am darauf folgenden Wochenende Parteitage eine Koalition beschließen. Wowereit könnte dann bereits wenige Tage später in der Parlamentssitzung am 24. November als Regierender Bürgermeister wieder gewählt werden. Dort würde er sogar Gegenstimmen verkraften: Rot-Schwarz hat mit 86 von 149 Sitzen elf Stimmen über der absoluten Mehrheit, die Wowereit für die Wiederwahl zum Regierungschef im ersten Wahlgang braucht. Rot-Grün hätte nur 76 Sitze gehabt - bei zwei Abweichlern wäre die Mehrheit weg gewesen.

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