Rüstungsforscher über Kampfdrohnen: „Sind dann Programmierer schuld?“

Künftig könnten Kampfdrohnen auch ohne menschliche Kontrolle agieren, sagt der Forscher Hilmar Linnenkamp. Aber wer ist dann für sie verantwortlich?

Soll mit so wenig menschlicher Aufsicht auskommen wie möglich: die europäische Tarnkappendrohne „Neuron“. Bild: dpa

taz: Herr Linnenkamp, Sie fordern, bewaffnete Drohnen zu verbieten. Warum?

Hilmar Linnenkamp: Weil wir uns eines Instruments bedienen, dessen innere Logik am Ende zur Automatisierung von militärischen Einsätzen führt. Zwar führen im Moment noch Drohnenpiloten die meisten Drohneneinsätze, aber in die Drohnen sind schon Elemente involviert, die einen Teil der Entscheidungen Mechanismen und Algorithmen überlassen.

Welche Entscheidungen?

Wenn die Drohne beobachtet, was am Boden passiert, vergleicht der Computer das Lagebild mit Mustern, die andeuten, dass es sich um terroristische Aktivitäten handelt. Der Drohnenpilot drückt zwar noch den Knopf, aber seine Entscheidung ist bereits von Assistenzsystemen abhängig.

Was macht so ein Einsatz mit einem Drohnenpiloten?

Das ist eine schwere Belastung für die Piloten. Dadurch, dass sie über lange Zeit bestimmte Gebiete und Gruppen von Menschen beobachten, gewinnen sie ein sehr viel intensiveres, persönliches Verhältnis zu den Zielen als der Soldat, der vor Ort eine weitreichende Granate losschießt.

Und wenn wir die innere Logik zu Ende denken und es keinen Piloten mehr gibt?

Dann entsteht die Frage: Gibt es noch einen Verantwortlichen für das, was im Krieg passiert? Sind das die Programmierer, die die Automaten einrichten? Was bedeutet das unter moralischen Gesichtspunkten?

, Jahrgang 1944, befasst sich seit Langem mit Rüstungsfragen. Nach einer Karriere im Verteidigungsministerium war er 2004 bis 2007 auch Vizechef der European Defence Agency in Brüssel. Derzeit ist er Berater der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin.

Fliegende Tötungsmaschinen, die sich ihr Ziel selbst suchen – wie realistisch ist dieses Szenario überhaupt?

Es ist sehr wahrscheinlich, dass in den nächsten fünf bis zehn Jahren mehr und mehr automatisierte Systeme entwickelt werden. Zudem treibt die Massenproduktion im zivilen Bereich Entwicklungen im militärischen Bereich an. Die USA – und sicher auch China – arbeiten ohne jeden Zweifel an der Automatisierung von Waffen.

Zurück zur Gegenwart. Wenn wir nicht mehr Soldaten in den Krieg schicken müssen, sondern Drohnen – sinkt dann die Hemmschwelle vor einem militärischen Einsatz?

Ich glaube nicht, dass die Entscheidung, ob wir uns an einem Krieg beteiligen, davon abhängig gemacht wird. Da vertraue ich auf unser politisches System.

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