Rundfunkgebühren: Die unlustigen Musikanten

Das ZDF will mal wieder jünger werden und entrümpelt zu diesem Zweck das Schlagerprogramm - dessen Helden wehren sich mit Händen und Füßen.

"Deutschland braucht mehr Volksmusik" - findet Heino Bild: dpa

Heino hat eine klare Meinung, und sie lautet: Deutschland braucht mehr Volksmusik. Es ist vielleicht nicht allzu verwunderlich, dass Heino so etwas sagt. Wasser ist nass, der Himmel blau, und Heino findet eben, die Welt brauche mehr Volksmusik.

Nur sagt Heino das nicht einfach nur so. Er verbindet das mit einer Aufforderung zum aktiven Protest: "Jeder Volksmusikfreund", sagte Heino den Kollegen aus dem Springer Verlag, die seine Meinung auch via Spruchband auf dem Hochhausdach in die Welt tatütataten, "sollte ab sofort einen Volksmusik-Euro von seinen GEZ-Gebühren einbehalten. Ich werde das auch tun."

Heinos Boykottaufruf richtet sich gegen das ZDF, dessen Programmdirektor Thomas Bellut vor einiger Zeit angekündigt hat, "nicht ganz so moderne Formate" durch "moderne Unterhaltungsformate" ersetzen zu wollen. Das Zweite will, nicht zum ersten Mal in seiner Geschichte, jüngere Zuschauer gewinnen - der Sender hat unter den großen Anbietern die Zuschauer mit dem höchsten Altersdurchschnitt. Und weit oben auf der Liste der "nicht ganz so modernen Formate" stehen Sendungen mit Dieter Thomas Heck und "Die Lustigen Musikanten" mit Marianne und Michael.

Die Betroffenen selbst haben sich bislang zurückgehalten, doch es gibt diverse Kollegen, die für sie einspringen. Heino ist nur ein Beispiel. Karl Moik, einst im "Musikantenstadl" tätig, sprach mit der Neuen Post und befand: "Die TV-Chefs wollen uns Alte rauskehren - egal ob das Publikum will oder nicht." Oder Trude Unruh von den Grauen Panthern; sie trudeunruhte, die geplante Absetzung der Sendungen sei eine Beleidigung für alle, die Deutschland nach dem Krieg aufgebaut haben.

Beim ZDF wundert man sich derweil ein wenig über die Argumente. Walter Kehr, der Pressesprecher, sagte der taz: "Es gibt weder ein Recht auf Hardrock noch auf das Gegenteil." Es gebe ja noch nicht einmal ein verbrieftes Recht auf die Beatles. Auf Volksmusik also erst recht nicht.

Schon bevor Heino sich zu Wort meldete, hatte er gesagt, die "ganze Debatte sei wirklich ein Schmarrn". Thomas Bellut hätte lediglich gesagt, es werde auf dem Programmplatz am Donnerstag keine volkstümliche Musik mehr geben; auf anderen Plätzen allerdings durchaus, etwa am Sonntagmorgen im "Fernsehgarten" oder am Abend mit der Moderatorin Carmen Nebel. "Im Vergleich zu anderen Musiksparten ist diese Art von Musik schon sehr gut vertreten gewesen", so Kehr.

Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schlager und Volksmusik allerdings, öffentlich vertreten durch ihren Vorsitzenden Manfred Knöpke, lässt gerade ein Rechtsgutachten erstellen, mit dem geklärt werden soll, ob die Begründung des ZDF zur Absetzung der Sendung gegen das Antidiskriminierungsgesetz verstoße. Die Begründung, so Knöpke, sei doch, die Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen werde mit den Sendungen nicht erreicht. "Wenn die Sender alle Volksmusikshows aus dem Programm nehmen, weil ihnen die Zuschauer zu alt sind, werden gleich mehrere Bevölkerungsschichten ausgegrenzt", sagt Manfred Knöpke.

Kehr vom ZDF hält dagegen: Es würden gar nicht alle Volksmusik- und Schlagersendungen abgeschafft, sondern nur die, die am Donnerstag liefen. Kehr daher, wiederum zur gesamten Debatte: "Was für ein Quark!"

Knöpke jedoch kennt das Argument des ZDF und wehrt sich deswegen als Vertreter der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schlager und Volksmusik offiziell nicht gegen die Absetzung der Schlager- und Volksmusiksendungen, sondern ausschließlich gegen die vermeintliche Diskriminierung der über 50-Jährigen. "Wir hätten nichts dagegen, wenn man nur sagen würde, wir wollen die Sendungen modernisieren", sagt er. "Aber wenn das ZDF sagt, niemand habe ein Recht auf Schlager, Rockmusik oder Popmusik, dann haben sie zwar recht, aber jeder hat doch ein Recht, einer älteren Zielgruppe anzugehören."

Vielleicht kann man es also als kleines Friedensangebot des ZDF verstehen, wenn die Programmreform, die Jüngere an den Sender binden will, ganz so radikal dann doch nicht ausfällt. Auf dem Donnerstagabend-Sendeplatz setzt das ZDF statt auf "Die Lustigen Musikanten" mit Marianne und Michael voraussichtlich auf eine Neuauflage der Serie "Der Bergdoktor".

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