Russisch-ukrainische Grenze: Bläst Moskau zum Rückzug?

Russland soll einen Teil der Truppen von der ukrainischen Grenze abgezogen haben. Kiew übt derweil scharfe Kritik an Forderungen nach einer Föderalisierung.

In der Nähe von Kiew trainierten am Montag ukrainische „Selbstverteidigungs-Aktivisten“ für den Ernstfall Bild: ap

BERLIN taz | Immerhin: Seit zehn Tagen sei der Konflikt um die Ukraine nicht weiter eskaliert, sagte am Montag der Sprecher des deutschen Außenministeriums Martin Schäfer. Nun „vernehmen wir mit einiger Zufriedenheit“, dass sich laut ukrainischen Quellen russische Streitkräfte wieder von der ukrainisch-russischen Grenze zurückzögen. Ukrainische Militärs erklärten hingegen, die Truppenbewegungen könnten auch ein bloßer Truppenaustausch sein.

Ein Rückzug der Verbände von der russisch-ukrainischen Grenze war eine Hauptforderung des US-Außenministers John Kerry bei mehrstündigen Gesprächen mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow am Sonntag in Paris. „Diese Truppen schaffen ein Klima der Angst und Einschüchterung in der Ukraine“, sagte Kerry.

Dem schloss sich die Bundesregierung am Montag an. Moskaus Forderungen wiederum seien „schwere Brocken, die man verdauen muss“, sagte Außenamtssprecher Schäfer. Lawrow hatte unter anderem eine Föderalisierung der Ukraine verlangt. Wirtschaft, Sozialpolitik und Religion sollten in die Kompetenz weitgehend autonomer Regionen fallen, außenpolitische Neutralität in der Verfassung festgeschrieben werden. Bislang genießt nur die Krim, deren Annexion durch Russland den Konflikt mit den westlichen Bündnissen Ende Februar auslöste, Autonomie. Zudem solle Russisch zweite Amtssprache werden.

Die Ukraine wies Lawrows Forderungen zurück: Russland solle vor seiner eigenen Haustür kehren, richtete das ukrainische Außenministerium aus. Doch muss das Thema Föderalismus damit nicht erledigt sein. Die deutsche Regierung hatte Anfang März erklärt, der Europarat solle sich einmischen. Dieser habe besondere Kompetenz darin, „föderale Lösungen“ zu finden.

„Verdichtete Routine“

Die genaue Position und Anzahl russischer Streitkräfte an den Grenzen wird am Dienstag auch eine Rolle beim Nato-Außenministertreffen in Brüssel spielen. Die Nato-Länder im Osten Europas fordern seit Wochen von der Nato ein Zeichen des Schutzes gegen das russische Vorgehen. Mit den Worten des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble (CDU) vom Montag über Ungarn, Polen und das Baltikum: „Die haben alle ziemlich Schiss.“

Die Sprachregelung lautet nun „verdichtete Routine“. Die im Nato-Schichtbetrieb betriebenen Kontrollflüge von Kampfjets über Estland, Lettland und Litauen (Baltic Air Policing) wurden bereits durch sechs US-Flieger aufgestockt und sollen weiter verstärkt werden. Die Bundesregierung könnte hierzu anbieten, „sich eher in den Schichtwechsel einzubringen als bisher geplant“, erläuterte Außenamts-Sprecher Schäfer.

Gleiches gilt offenbar für die Aufklärungsflüge von AWACS-Flugzeugen über Polen und Rumänien. Der Sprecher des Verteidigungsministeriums ergänzte, dass Deutschland prüfe, ob es ein Führungsschiff für einen in der Ostsee stationierten Nato-Schiffverband stellen solle. Dafür „gibt es aber auch andere Länder“, ergänzte er. Die SPD hatte zuletzt Pläne von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), mehr „Präsenz“ an den Nato-Ostgrenzen zu zeigen, lautstark kritisiert.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.