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Russland eskaliert weiter gegen NGOsRosa-Luxemburg-Stiftung unerwünscht

Nun wird auch die linkennahe Parteistiftung in Russland kriminalisiert. Was das für ihre Arbeit bedeutet und wie sie in Zukunft weitermachen will.

Nicht mehr in Russland tätig: Rosa-Luxemburg-Plastik vor der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin Foto: Sascha Steinach/imago

Berlin taz | Als letzte parteinahe deutsche Stiftung ist jetzt auch die Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) in Russland zur „unerwünschten Organisation“ erklärt worden. „Wir haben gestern über russische Medien von der Entscheidung der russischen Generalstaatsanwaltschaft erfahren“, sagte RLS-Geschäftsführerin Daniela Trochowski am Dienstag der taz. „Wir bedauern diese weitere Eskalation durch die russische Regierung.“ Die Stiftung stehe „weiterhin an der Seite der linken Opposition in Russland, die unter der Repression des Staates leidet“.

In einer am Montagnachmittag veröffentlichten Erklärung begründete die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation ihre Entscheidung damit, dass die RLS „Programme und Projekte“ durchführe, „die darauf abzielen, Proteststimmungen zu schüren, die Jugend zu radikalisieren und Organe der Staatsmacht Russlands zu diskreditieren“. Zudem verbreite die der Linkspartei nahestehende Stiftung „kontinuierlich Materialien und Nachrichten ausländischer Agenten sowie ausländischer und internationaler NGOs, deren Aktivitäten in der Russischen Föderation als unerwünscht eingestuft sind“.

Wie die anderen parteinahen deutschen Stiftungen und auch etliche internationale Menschenrechtsorganisationen, darunter Amnesty International und Human Rights Watch, hatte die RLS bereits im April 2022 ihr Büro in Moskau schließen müssen. Zuvor hatte ihnen das russische Justizministerium die rechtliche Grundlage für die weitere Arbeit in Russland entzogen.

Seitdem hat die RLS dort keine Mit­ar­bei­te­r:in­nen mehr. Aber die Stiftung arbeite außerhalb Russlands weiterhin mit Ak­teu­r:in­nen der russischen Zivilgesellschaft zusammen, so RLS-Geschäftsführerin Trochowski. Das sei der russischen Regierung „offenbar ein Dorn im Auge“.

Einstufung kommt Verbot gleich

Wenn in Russland eine Organisation als unerwünscht eingestuft wird, kommt das nicht nur ihrem Verbot gleich. Vor allem machen sich russische Staatsangehörige strafbar, wenn sie mit einer solchen Organisation zusammenarbeiten. Das gilt auch für eine Zusammenarbeit außerhalb Russlands. Jede Kooperation, ob bei Veranstaltungen, Forschungsprojekten oder Publikationen, kann mit Geldstrafen und im Wiederholungsfall mit Freiheitsstrafen von bis zu sechs Jahren geahndet werden.

„Putin und seine Regierung fürchten die Wahrheit, sie fürchten Kritik und sie fürchten Organisationen, die den Mut haben, sich öffentlich gegen Krieg und Repression zu stellen“, kommentierte der Linken-Vorsitzende Jan van Aken das Vorgehen Russlands. Wer Kriege verurteile, wie den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, wer für Frieden und Freiheit kämpfe, stehe auf der richtigen Seite der Geschichte. „Und wer diese Stimmen zum Schweigen bringen will, entlarvt sich selbst – als Feind von Demokratie und Menschlichkeit“, sagte van Aken der taz.

Vor dem Überfall auf die Ukraine waren insgesamt sechs deutsche politische Stiftungen in Russland vertreten. Schon im Mai 2022 wurde die Grünen-nahe Heinrich-Böll-Stiftung zur „unerwünschten Organisation“ erklärt. Im März 2024 folgte die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung, im April 2024 die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung, im August 2024 die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung und im April 2025 die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung.

Aus dem Auswärtigen Amt heißt es gegenüber der taz, es weise die Einstufung der Rosa-Luxemburg-Stiftung und anderer politischer Stiftungen durch Russland „entschieden zurück und verurteilt sie“. Das Auswärtige Amt fordere von der russischen Seite die Aufhebung der Einstufung.

Die russische Botschaft ließ eine Anfrage der taz bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

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5 Kommentare

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  • Ja verflucht aber auch, wie will die rechte Bubble jetzt noch argumentieren, dass die Linken Putinversteher seien? Langsam gehen die Argumente aus..

  • Was wohl die MLPD dazu sagt? Vermutlich werden sie die Rosa-Luxembourg Stiftung als imperialistischen Agenten diffamieren um ihr geliebtes Moskau zu schützen.

    • @Dunkelrot:

      Ich bin mir nicht sicher, wie relevant die MLPD ist, aber weil es zumindest eine Abwechslung vom üblichen Wagenknecht-Bashing bietet: die MLPD ist maoistisch und betrachtet schon die UdSSR nach Stalin als revisionistisch; insofern kann man ihr viel vorwerfen, aber keine Liebe zu Moskau. Den gegenwärtigen Krieg betrachtet sie daher auch eher distanziert als Machtkampf zwischen unterschiedlichen imperialistischen Staaten. Und so hoffnungslos es ist, auf eine sozialistische Weltrevolution zu hoffen, in der sich die Arbeiter auch in der Ukraine und in Russland gemeinsam gegen die herrschende Klasse erheben, muss man der MLPD eine einzige Sache zugutehalten: Sie weigert sich, wenngleich auf holprigem theoretischen Fundament, zur Jubeltruppe irgendeiner Regierung zu werden - und daran könnte sich der Rest der Linken, gleich welcher geopolitischen Präferenz, durchaus ein Beispiel nehmen.

  • Gegenüber der Desiderius-Erasmus-Stiftung gibt es bislang keinerlei Sanktionen, nur offene Einladungen. Merkwürdig....

    • @TheBox:

      Hat das BSW eigentlich schon eine parteinahe Stiftung?