Russland und USA: Nicht mal mehr als Feind was wert

Die Wiederwahl Obamas vereinfacht die Beziehungen zwischen Moskau und Washington nicht. Romney tat wenigstens so, als würde er Russland ernst nehmen.

Kunst von Vasily Slonov: Putin und Obama als Fliegenklatschen. Bild: reuters

MOSKAU taz | Die Nachricht von der Wiederwahl US-Präsident Barak Obamas soll im Kreml „sehr positiv“ aufgenommen worden sein, verlautete aus dem Pressestab Wladimir Putins. Der russische Präsident wolle seinen amerikanischen Amtskollegen später anrufen und ihm persönlich gratulieren. Ansonsten hoffe man, dass der positive Auftakt der bilateralen Beziehungen fortgesetzt werde, hieß es diplomatisch.

Etwas lebendiger reagierte unterdessen Premierminister Dmitri Medwedjew. Er sei froh, dass „nicht ein Mensch Präsident wird, der Russland für den Feind Nummer Eins hält“, sagte der Ex-Präsident in Anspielung an die Wahlkampfaussage Mitt Romneys, der Russland in Fortschreibung des Kalten Krieges zum entscheidenden geopolitischen Gegner erklärt hatte. Russlands langjähriger Außenminister Sergej Lawrow konnte sich unterdessen nicht verkneifen, das amerikanische Wahlergebnis als legitim und frei von Zweifel anzuerkennen.

Die Beziehungen zwischen Moskau und Washington sind seit längerem wieder angespannt. Barack Obamas Bemühen 2009, das Verhältnis durch einen „reset“ zu korrigieren, ist über eine anfänglich atmosphärische Auffrischung nicht hinausgelangt.

Seit der Rückkehr in den Kreml im Frühjahr setzt auch der innenpolitisch angezählte Wladimir Putin wieder auf die Rhetorik des Kalten Krieges und schwört seine Gemeinde auf vermeintliche Bedrohungen aus Übersee ein.

Mangelnde Aufmerksamkeit

So bleibt Russland im Syrienkonflikt stur und stellt den Krieg als einen Versuch Washingtons dar, das Prinzip der staatlichen Souveränität zu untergraben. Unüberwindlich sind auch die Gegensätze beim US-amerikanischen Projekt eines Raketenabwehrschirms. Washington will Russland zwar am Schirm beteiligen, aber nicht so, wie es der Kreml verlangt. Moskau mutmaßt daher, der Abwehrschirm richte sich gegen Russland. Einziger Lichtblick der bilateralen Beziehungen ist die Errichtung einer Nato-Basis auf russischem Territorium, über die der Nato-Rückzug aus Afghanistan organisiert werden soll.

Gundsätzlich leidet Russland unter der mangelnden Aufmerksamkeit der USA, die ihr Interesse auf China, Ostasien und die arabische Welt richten. Russland wird zwar als gelegentlich ärgerlicher Störfaktor wahrgenommen, jedoch nicht als eine ernst zu nehmende Macht, die Einfluss auf das Weltgeschehen nehmen könnte. Dafür spricht auch, dass US-Außenministerin Hillary Clinton in ihrem letzten strategischen Beitrag in Foreign Policy Moskau nicht mit einem Wort erwähnte. So etwas schmerzt den Kreml.

Im Unterschied zu dem um Harmonie bemühten Obama sprach die Attacke des Präsidentschaftskandidaten Mitt Romney der sowjetisch sozialisierten Elite daher geradezu aus dem Herzen. Der Gegenspieler erkannte Russland immerhin als gleichberechtigten Partner an. Gleichzeitig lieferte Romney Kremlchef Putin einen trefflichen Vorwand, um die USA als Hauptfeind innenpolitisch auszuschlachten. Die russischen Oppositionellen werden ohnehin verleumdet und zu Agenten der USA gestempelt. Erst kürzlich erließ Moskau ein Gesetz, dass Nichtregierungsorganisationen die Arbeit in Russland verbieten kann.

Der russische Amerika-Experte Dmitri Trenin hält Washingtons Desinteresse an Moskau für einen strategischen Fehler, dessen Kosten die USA unterschätzten. Ob bei Atomwaffen, Rüstungskontrolle, der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen oder im Umgang mit dem Iran und Nordkorea sei Russland als Partner unerlässlich. Schließlich sei Russlands Vetomacht im UN-Sicherheitsrat die USA schon teuer zu stehen gekommen.

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