SPD-Doku über NPD-Bekenntnisse: Die Verfassungsfeinde

Die SPD-Innenminister haben eine Dokumentation vorgelegt, die zeigt, wie nah die NPD dem Nationalsozialismus steht. So beklagt die NPD Berlin die "geistige Vernegerung der Jugend".

Die SPD-Dokumentation zur NPD hat die Debatte über ein Parteiverbot erneut entfacht. Bild: ap

Die Dokumentation "Verfassungsfeind NPD" hat es in sich. Auf fast hundert Seiten führen die SPD-Innenminister Holger Hövelmann (Sachsen-Anhalt), Ehrhart Körting (Berlin), Ulrich Mäurer (Bremen), Karl Peter Bruch (Rheinland-Pfalz) und Lothar Hay (Schleswig-Holstein) von der NPD Aussagen und Bekenntnisse auf, die für sie demonstrieren: "Die NPD ist verfassungsfeindlich".

Rechtsruck: In Deutschland ist die NPD die älteste rechtsextreme Partei. Mit der Wiederwahl von Udo Voigt vor wenigen Wochen in Berlin als Vorsitzenden hat sich die Partei weiter der radikaleren Szene geöffnet. Seit 1996 leitete Voigt die Partei. Unter ihm wurde sie zum Hoffnungsträger der "nationalen Opposition". Der Bundesvize und Hamburger Chef Jürgen Rieger und die Bundesvorstandsmitglieder Thorsten Heise (Thüringen) und Thomas Wulff (Mecklenburg-Vorpommern) stehen mit ihm für den radikaleren Kurs.

Basis: Die Partei hat etwa 7.000 Mitglieder. Der Zulauf in den letzten Jahren kam aus den militanteren Freien Kameradschaften. In den Landtagen von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern sind sie als Fraktion vertreten.

Finanzen: Die Parteiarbeit versucht die NPD über Darlehensgeber wie Jürgen Rieger zu finanzieren. Wegen dieser Kredite befürchten in der Partei einige, dass Riegers Macht weiter wachsen könnte. An die 1,3 Millionen Euro erhält die NPD aus der Steuerkasse. Ein Rechtsstreit mit der Bundestagsverwaltung wegen vermeintlich fehlerhafter Rechenschaftsberichte läuft. Jetzt drohen Strafzahlungen von 2,5 Millionen Euro. AS

Hövelmann betonte: "Unsere Zusammenstellung belegt deutlich die verfassungsfeindliche Ausrichtung der NPD, ihre ideologische Kontinuität zum Nationalsozialismus und ihre aggressiv-kämpferische Haltung gegenüber dem demokratischen Staat", und er warnt, trotz Finanzproblemen und Richtungsstreiten sei die Partei auch weiterhin gefährlich.

Die Studie haben die Innenminister aus allgemein öffentlichen Quellen erstellen lassen. Informationen von V-Leuten in der NPD seien dabei nicht genutzt worden. "In Berlin ist Udo Voigt nicht beim Landesamt angebunden", versicherte Körting. Mäurer, der derzeit den Vorsitz der Innenministerkonferenz innehat, kritisiert allerdings, dass die CDU-geführten Bundesländer kein Material zulieferten.

Das Besondere an der Materialsammlung ist, dass sie demonstriert, wie die NPD aktuelle soziale Themen aufgreift und in ihr klassisch rechtsextremes Raster einarbeitet. In der Kritik an der Globalisierung führt so die NPD Bremen an: "Wir müssen unablässig bestrebt sein, unsere urdeutschen, mit unserem Blut und Boden verwachsenen Traditionen von allen Fremdübertragungen zu befreien; wir dürfen nur pflegen, was echt, deutsch und unserer Art gemäß ist." Nicht minder deutlich wird aus der NPD-Parteivorstandsbroschüre "Argument für Kandidaten & Funktionsträger. Eine Handreichung für die öffentliche Auseinandersetzung" wiedergegeben: "Nur ethnisch geschlossene Gesellschaftskörper mit geringem Ausländeranteil sind solidar- und belastbar".

Die "Rückführung" der "Ausländer" sei denn auch dringend geboten. "Eine türkische Salami wird auch dann kein Deutschländerwürstchen, wenn sie vier Wochen im deutschen Kühlschrank liegt", wird der sächsische NPD-Landtagsabgeordnete Jürgen Gansel zitiert.

Eine "geistige Vernegerung der restdeutschen Jugend", weiß die NPD Berlin, werde zunehmen. Rassismus wechselt sich hier mit Antsiemitismus ab. "Ein Jude", so wird der NPD-Fraktionschef Udo Pastörs aus Schwerin angeführt "kann kein Deutscher im Sinne der Volkszugehörigkeit sein". Die Globalisierung würde, heißt es in der "Argumentationshilfe", unter der "Führung des Großen Geldes" vorangetrieben. Überhaupt seinen "die Juden" ein "störendes Element".

Wie sehr die Partei mit Adolf Hitler liebäugelt, belegt in der Dokumentation Pastörs, wenn er zitiert wird: "Er hat wahnsinnige Pflöcke eingerammt auf fast allen Gebieten, er ist ein Phänomen gewesen, dieser Mann, militärisch, sozial, ökonomisch." Bewerten wollte er "das" nicht, bloß aber mal "feststellen". Pastörs und Voigt werden auch erwähnt, wenn belegt wird, wie die NPD nachhaltig versucht, den Holocaust als "Holocaust-Religion" zu leugnen. Voigt taucht zudem mehrmals bei den NPD-Bemühungen auf, das Grundgesetz zu delegitimieren. Das NPD-Bundesvorstandsmitglied Thomas Wulff betont, wie die Dokumentation zeigt: "Die nationale Opposition ist aufgestanden und sie ist angetreten, einem niedergehenden System den letzten Stoß zu geben."

Die Innenminister räumten ein, nicht alles seien neue Aussagen der NPD. Doch Hövelmann versichert: "Wer nach Gründen sucht, die NPD zu verbieten, wird hier fündig werden."

Das Bundesinnenministerium hat die Dokumentation der SPD-Innenminister zur Verfassungsfeindlichkeit der NPD dagegen scharf zurückgewiesen. Sprecher Stefan Paris bezeichnete sie am Montag als "verkappte Werbeveranstaltung für die NPD". Der Vorstoß sei unseriös und ändere nichts an der Haltung des Bundesinnenministeriums, dass kein neues Verbotsverfahren gestartet werden sollte.

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