SPD-Finanzchaos in Dortmund: Das 100-Millionen-Loch

Der künftige Oberbürgermeister Ullrich Sierau entmachtet seinen SPD-Vorgänger – und die Stadtkämmerin gleich mit.

"Unglaublich unprofessionell, unglaublich unkollegial" sei das Vorgehen Langemeyers und seiner Kämmerin gewesen, klagt Ullrich Sierau. Bild: dpa

BOCHUM taz | Dortmunds designierter Oberbürgermeister Ullrich Sierau geht in der Affäre um möglichen Wahlbetrug in die Offensive. Der Sozialdemokrat, der sein Amt offiziell erst am 21. Oktober antritt, hat seinen Vorgänger und Parteifreund Gerhard Langemeyer praktisch kaltgestellt und SPD-Stadtkämmerin Christiane Uthemann aus dem Amt entfernt. Die Kämmerin sei "unter Druck zusammengebrochen" und habe sich "auf unbestimmte Zeit krank gemeldet", sagte Sierau der taz. Uthemann brauche "wohl eine Therapie".

Sollte Langemeyer ihre offizielle Entlassung ablehnen, werde die neue rot-grüne Ratsmehrheit die Kämmerin abwählen, so der künftige Verwaltungschef. Ihre Aufgaben übernehme vorerst SPD-Kulturdezernent Jörg Stüdemann.

Uthemann steht wie Langemeyer seit Montag vergangener Woche unter heftiger innerparteilicher Kritik: Nur 17 Stunden nach Schließung der Wahllokale hatten die beiden verkündet, im Haushalt der zweitgrößten Stadt Nordrhein-Westfalens klaffe ein Loch von bis zu 100 Millionen Euro - dabei hatten die Sozialdemokraten im Kommunalwahlkampf immer mit der guten Finanzlage Dortmunds geworben. Der Landesverband der CDU spricht seitdem von "Wahlbetrug", CDU-Landesgeneralsekretär Hendrik Wüst forderte Sierau sogar zum Amtsverzicht auf.

"Unglaublich unprofessionell, unglaublich unkollegial" sei das Vorgehen Langemeyers und seiner Kämmerin gewesen, klagt Sierau deshalb. "Das war beschissenes Timing, schlechtes Handwerk." Er selbst habe vom drohenden Haushaltsloch jedoch nichts gewusst. Noch heute sei unklar, wie groß die Deckungslücke überhaupt sei: "Belastbare Zahlen" könne die Kämmerei frühestens am Donnerstag vorlegen, so das künftige Stadtoberhaupt. Der Vorwurf des Wahlbetrugs sei deshalb aus der Luft gegriffen: "Was mir nicht vorliegt, kann ich auch nicht wissen."

Dennoch rechnen SPD und Grüne nun mit einem Haushaltsloch in zweistelliger Millionenhöhe und wollen deshalb einen Nachtragshaushalt beschließen. Schon heute blockiert die CDU-geführte Bezirksregierung Arnsberg fünf Millionen Euro an Fördermitteln, muss bei Kitas ebenso gespart werden wie bei Projekten für die Kulturhauptstadt 2010. Auf ein Parteiordnungsverfahren gegen Langemeyer, der einen Nachtragshaushalt stets abgelehnt hatte, werde nur aus Rücksicht auf die Bundestagswahl verzichtet, ist aus Dortmund zu hören.

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