SPD-Politiker in der Abgasaffäre: Alles „Fake News“

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) weist Vorwürfe zurück, er habe früher als bislang bekannt vom VW-Abgastestbetrug erfahren.

Ursula Piech, Ferdinand Piech, Martin Winterkorn und Stephan Weil in Hannover vor Beginn der Hauptversammlung der Volkswagen AG, 2013.

Ursula Piech (v. l. n. r.), Ferdinand Piech, Martin Winterkorn und Stephan Weil in Hannover, 2013. Foto: dpa

BERLIN taz | Wenn die Kacke am Dampfen ist, hilft vielleicht ein verharmlosendes Modewort: Fake News. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) jedenfalls sieht sich genötigt, dieses Wort zu verwenden, um im VW-Abgasskandal seine Unschuld zu beteuern. „Ich bedaure, dass ein Mann mit unbestreitbaren Verdiensten wie Ferdinand Piëch inzwischen zu Mitteln greift, die man neudeutsch eigentlich nur als ‚Fake News‘ bezeichen kann“, sagte Weil am Donnerstag.

Die Behauptungen, das VW-Aufsichtsratspräsidium sei von Piëch frühzeitig über den Dieselskandal informiert worden, seien „nicht bewiesen und nicht beweisbar“, sagte Weil, der für das Land Niedersachsen, das Anteile an VW hält, im Aufsichtsrat von Volkswagen sitzt. Im Frühjahr 2015 habe es von keiner Seite Hinweise an ihn gegeben, Volkswagen nehme unzulässigerweise Einfluss auf Schadstoffwerte. „Davon habe ich erst am 19. September 2015 erfahren.“

Offenbar ganz anders die Darstellung von Ex-Aufsichtsratschef Piëch. Vor der Staatsanwaltschaft Braunschweig habe er ausgesagt, Weil und weitere Aufsichtsräte hätten bereits Anfang März 2015 von Hinweisen auf Abgasmanipulationen in den USA erfahren, berichtete am Mittwochabend die Bild am Sonntag vorab. Piëch belastete demnach das damalige Aufsichtsratspräsidium, dem neben Weil auch Betriebsratschef Bernd Osterloh, der frühere IG-Metall-Chef Berthold Huber und Anteilseigner Wolfgang Porsche angehörten.

Um Licht ins Dunkel zu bringen – einige Medien berichten gar über eine Beteiligung des israelischen Inlandsgeheimdienstes –, will der Abgasuntersuchungsausschuss des Bundestages Piëch vorladen. Mittlerweile diskreditierten sich die VW-Oberen medienwirksam gegenseitig, sagte der Ausschussvorsitzende Herbert Behrens (Linke). „Wenn mit so viel Dreck geworfen wird, ist der Wolfsburger Sumpf wohl noch tiefer als bisher angenommen.“ Piëch stehe im Zentrum der Auseinandersetzung und müsse sich auf eine Vorladung gefasst machen.

Piëch Auftritt könnte spannend werden

„VW sollte die Zeichen der Zeit erkennen und sich nicht länger in die Volkswagenburg zurückziehen“, so Behrens. Es könne nicht sein, dass niemand etwas gewusst haben wolle und jetzt entgegen allen Ankündigungen der Abschlussbericht der VW-internen Ermittlungen nicht veröffentlicht werden solle. „Grundlage für einen echten Zukunftspakt bei Volkswagen ist die schonungslose Aufklärung des Abgasbetruges; das sollten alle Beteiligten begreifen.“

Piëchs Auftritt vor dem Ausschuss könnte spannend werden. Ex-VW-Chef Martin Winterkorn hatte vor dem Gremium im Januar die Antwort auf konkrete Nachfragen, wann er was wusste, mit dem Hinweis auf staatsanwaltschaftliche Ermittlungen in Braunschweig gegen ihn verweigert – niemand muss sich schließlich selbst belasten. Gegen Aufsichtsratsmitglieder ermittelt die Braunschweiger Behörde aber nicht. Piëch könnte also auspacken.

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