SPD-Stratege Thomas Meyer: "Es geht nur um Steinmeier"

Es ist richtig, in der Krise auf den Staat zu setzen, sagt Thomas Meyer von der SPD-Grundwerte-Kommission. Fragleich sei nur, ob der SPD ihre Rückbesinnung auf den Staat geglaubt werde.

"Das Entscheidende ist nicht das Team": Frank-Walter Steinmeier. Bild: dpa

taz: Herr Meyer, warum hat die SPD bei der Europawahl so schlecht abgeschnitten? Ist ihre Politik falsch?

Der 65-Jährige ist Mitglied der SPD-Grundwerte-Kommission und Chefredakteur der Zeitschrift Neue Gesellschaft - Frankfurter Hefte.

Thomas Meyer: Nein, es ist richtig, in der Krise auf den Staat zu setzen und nicht alles den Märkten zu überlassen.

Also hat Parteichef Müntefering mit der Parole "Weiter so!" recht?

Was Staat und Markt angeht - ja. Eine andere Frage ist, ob der SPD ihre Rückbesinnung auf den Staat geglaubt wird.

Was müsste die SPD ändern?

Sie hat bei der Bundestagswahl nur eine Chance, wenn ihre Leitfiguren das Programm in glaubwürdiger, offensiver und konsequenter Weise verkörpern - und zwar gerade, wenn sie einen polemischen Kurs gegen Schwarz-Gelb einschlagen. Die Programme liest doch kaum jemand. Massenkomunikativ zählt nur, was die Führung in ihrem Reden und Handeln verkörpert.

Und daran hapert es bei Steinmeier und Müntefering?

Nein, das kann man so nicht sagen. Richtig ist aber, dass sie den Kurs - Staat als regelsetzende Institution, Grenzen für die Märkte - ziemlich spät eingeschlagen haben. Das ist wohl eine Erklärung für die Wahlniederlage.

Es gibt in der Krise eine Renaissance des Nationalstaats, der als letzter handlungsfähiger Akteur erscheint. Warum schadet das europaweit ausgerechnet den Sozialdemokraten?

Eine Erklärung ist: Verunsicherte Wähler neigen zum Konservativen, um Scheinsicherheit zu gewinnen. Hinzu kommt, dass viele sozialdemokratische Parteien in den letzten Jahren - Stichwort: Dritter Weg - staatsskeptisch und marktnah geworden sind. Jetzt hat die Sozialdemokratie ihre Botschaft gewechselt und ist zu ihrer Tradition zurückkehrt. Das haben ihr, vorsichtig formuliert, viele Wähler nicht geglaubt.

Braucht Steinmeier nach dieser Pleite ein Team von schillernden Persönlichkeiten?

So ein Team kann nützlich sein. Aber das Entscheidende wird Steinmeier sein, nicht das Team.

Ist das SPD-Wahlprogramm, das ja sehr gemäßigt wirkt, profiliert genug?

Ja. Es enthält eine Skizze für die Neuordnung der Finanzmärkte, das Konzept für eine ökologische Industriegesellschaft und die Forderung, Steuerlasten umzuverteilen. Das sind zeitgemäße Ideen.

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