SPD-Vorsitz, Bundeswehr und Trump: SPD Tag und Nacht, AKK global

Die SPD wird beim Rennen um den Vorsitz zur mittelmäßigen Realityshow. Zum Glück ist das alles aber ja nur eine Episode.

Olaf Scholz und Klara Geywitz auf dem Weg zur Bundespressekonferenz im August

Scholz und Geywitz bekommen immer mehr Zuspruch für ihre Kandidatur um den SPD-Vorsitz Foto: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Olaf Scholz will Steuervorteile für Männervereine abschaffen.

Und was wird besser in dieser?

Wenn er Männervereine für Steuervorteile abschafft, ist die FDP tot.

Die Ministerinnen und Minister der SPD sprechen sich plötzlich alle für das Führungsduo Scholz und Geywitz aus. Beim Chef einschleimen – funktioniert so Basisdemokratie?

Wird alles allmählich zur Seniorenedition von „Berlin Tag und Nacht“. Mit Laiendarstellern und einem schlabbrigen Drehbuch. Am Set wedelt Generalsekretär Klingbeil mit dem Drehplan rum, die Komparserie schnattert. Dass die Stimmen der unterlegenen Teams nun den Finalisten zufallen, liegt im Modus begründet. Dass darüber geredet wird – also auch. Die ehedem festungsgleiche NRW-SPD hat schlechte Laune, die Kabinettsextremsportler Lambrecht, Giffey und Maas agieren eher in der traditionellen Linie „die SPD kämpft für den Erhalt der Arbeitsplätze“. Nach 18 Vorsitzenden in den letzten 20 Jahren kann man das als Episode wegatmen.

Queen Elizabeth wird von nun an keine neuen Pelzkleidungsstücke mehr tragen, stattdessen gibt es nur noch Kunstfell. Woher kommt die späte Tierliebe?

Die weltweite Ächtung von Plastiktüten lässt den Royals wenig Auswahl beim Kopfputz.

Die italienische Holocaust-Überlebende Liliana Segre kann sich wegen Drohungen nur noch unter Polizeischutz bewegen. Wie haben wir es so weit kommen lassen?

Segre musste als 14-Jährige Zwangsarbeit leisten in einem Rüstungsbetrieb in Auschwitz-Birkenau. Für Zwangsarbeit hat Deutschland nach 55 Jahren symbolische Beträge an der unteren Keuschheitsgrenze des Wortsinnes „Entschädigung“ ausgereicht. Bei allem berechtigten Entsetzen über die Eskalation in Italien ist also auch eine Einladung zur Eigennasenbetrachtung angebracht. Segre erhält „an die 200 Hassbotschaften täglich“, 70 Prozent der italienischen Tweets mit Bezug zu jüdischen Themen seien negativ oder hasserfüllt, ermittelt der dortige „Atlas der Intoleranz“. Auch in Deutschland wird eine Präzisierung des „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ diskutiert; der Name allein ist schon Horror für Meinungsfreie, und zugleich hat man den Eindruck – die versuchen, ein Sieb mit drei Fingern zuzuhalten.

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die derzeitigen Regelungen über Hartz-IV-Sanktionen teilweise verfassungswidrig sind. Teilweise?!

Mehr war nicht gefragt. Und das kam so: Das Sozialgericht Gotha wusste nicht, was es mit einem Arbeitslosen aus Erfurt anfangen sollte, der ein Jobangebot abgelehnt hatte. Ihm wurden 234,60 Euro monatlich gestrichen, und da klopften die thüringischen Richter in Karlsruhe an. Die dortigen Richter fragten dann mal so bei der Bundesagentur nach, ob man die Strafkürzungen denn beforscht habe. Nö, sagte das Oberjobcenter. Na denn, sagten die Richter. Damit muss das Gesetz für einen kleinen Teil der Klienten geändert werden, 75 Prozent der Sanktionen sind nicht betroffen. Interessanter Nebenaspekt: Sozialpolitik wird von Gerichten gemacht.

Einst verlor die US-Amerikanerin Juli Briskman ihren Job im öffentlichen Dienst, weil ein Foto im Netz populär wurde, auf dem sie Trumps Autokolonne den Mittelfinger zeigt. Jetzt ist Briskman in Virginia beim Sieg der Demokraten in ein Amt gewählt worden. Wie süß ist Rache?

Ein trauriger Tag im Leben des Peer Steinbrück, bitter-sweet, die Anekdote: Insgeheim fasziniert das anarchische Kind Trump, und ob man sich nun extra anständig verhält ihm gegenüber oder auf sein Niveau runtertankt – er gewinnt.

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer möchte, dass die Bundeswehr im Ausland präsenter wird. Also auf in den Kampf?

Es ist ein Zermürbungskrieg. Und zwar gegen die im Grunde pazifistische öffentliche Meinung. Von Gaucks glitschiger Pfaffenrhetorik, die friedliebenden Deutschen seien „glückssüchtig“ – über Steinmeiers „Deutschland ist zu groß, um Weltpolitik nur von der Außenlinie zu kommentieren“ bis hin zum grassierenden „Seit 5.45 Uhr wird Verantwortung übernommen“. Die Bundeswehr nimmt derzeit 12 Auslandseinsätze vor, abgründig funkelt AKKs Zuspitzung, man solle doch bitte künftig nicht immer warten, bis man gerufen werde. Kohl muss man nachrühmen, uns bis zuletzt aus Kriegen herausgekauft zu haben. Merkel wird man später würdigen, die uns als Lazarett deutlich hinter der Front positionierte. „Flüchtlingskrise“ mal anders.

Luxus-Sneaker sind der neue heiße Scheiß und sorgen sogar für eine Spekulationsblase in China. Spekulieren Sie da auch mit?

Hab neulich versucht, Sonderbriefmarkenbögen aus den 70ern zu verkaufen. Der Numismatik-Mann hat gelacht. Verklebe ich jetzt als Folklore neben dem Porto. Kauft Turnschuhe.

Und was macht Borussia Dortmund?

Sich zum Horst.

Fragen: Simon Sales Prado, Ambros Waibel

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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