STROM: Mühsames Geschäft

Johannes Schages gehört zu den Ehrenamtlichen, die derzeit Unterschriften für das Volksbegehren des Berliner Energietisches sammeln – bis zu zwölf Stunden täglich.

Das Ziel ist klar, der Weg ein mühsamer. Bild: dpa

Mitten zwischen vorbeieilenden Menschen am Eingang zum Neuköllner U-Bahnhof Hermannplatz hat Johannes Schages seinen Infotisch aufgebaut, auf dem sich Flyer und Broschüren stapeln. Es ist ein regnerischer Nachmittag, und die Passanten sind sichtlich bemüht, ins Trockene zukommen. „Mühsames Geschäft heute“, sagt Schages. Der 49-Jährige im blauen Kapuzenpulli ist einer von rund 200 Ehrenamtlichen des Berliner Energietisches, die Unterschriften für das Volksbegehren „Neue Energie für Berlin“ sammeln.

Bis zum 10. April will die Initiative, in der sich neben Grünen, Attac und Naturschutzbund rund 50 Organisationen und Parteien engagieren, 200.000 Unterschriften zusammenbekommen. 173.000 müssen es sein, damit der Gesetzentwurf zur Rekommunalisierung der Berliner Energieversorgung //www.wahlen-berlin.de/wahlinfos/recht/Abstimmungsgesetz.pdf:vom Abgeordnetenhaus angenommen wird – oder es zum Volksentscheid kommt. Dabei geht es um den Aufbau öffentlicher Stadtwerke sowie einer Netzgesellschaft, die die BerlinerInnen mit grünem Strom versorgen, demokratisch geführt werden und für eine sozialverträgliche Energiewende sorgen sollen.

Gleichgültige Konzerne

„Die großen Energiekonzerne haben bewiesen, wie gleichgültig ihnen Klimaschutz und nachhaltige Energieversorgung sind. Das wollen wir ändern“, kritisiert Schages. In einer Hand hält der derzeit arbeitslose Historiker Flyer, in der anderen ein Klemmbrett. „Volksbegehren!“, ruft er den Vorbeieilenden zu, „Energieversorgung in öffentliche Hand!“

Ein Interessent bleibt am Infotischchen stehen, ein junger Mann in Trainingsanzug, der wütend unterschreibt und findet: „Alles zum Kotzen!“ Kurz darauf setzt eine junge Frau ihren Namen auf die Liste. Warum sie unterschreibe? Weil der Strom in öffentliche Hände gehöre, sagt Ingrid Richter. Sie wolle nachvollziehen können, woher ihr Strom kommt, und vor allem wolle sie mehr Mitsprache bei der Energieversorgung. Schage erklärt der 32-Jährigen, wo sie unterschreiben muss und gibt ihr noch eine Sammelanregung mit auf den Weg zur U-Bahn: „Nachbarn, Freunde, Bekannte. Jeder kann aktiv werden.“

Er sei nur zum Einkaufen hier, erzählt der 63-jährige Eckhardt Fuchs aus Marzahn, während er auf Schages’ Liste signiert. Dass die SPD 1997 den Strom in fremde Hände gegeben habe, sei ein Fehler gewesen, findet der Rentner. Der Energietisch zeige aber, dass es nicht zu spät sei, um das rückgängig zu machen.

Ein grauhaariger Herr fragt, ob er mit seiner Unterschrift vielleicht eine Jobchance in den neuen Stadtwerken bekäme. Er sei langzeitarbeitsloser Elektroingenieur und kenne sich gut mit erneuerbaren Energien aus. Aber auch ohne konkretes Arbeitsangebot von Schages will der Mann unterzeichnen.

Der Regen wird stärker, Schage verlegt seinen Stand in den Bahnhof. „Die Erfahrung auf der Straße lehrt, dass die meisten Berliner eine ökologische Wende in der Energieversorgung wollen“, berichtet der Stimmensammler. Sechs bis zwölf Stunden am Tag sei er gerade unterwegs, weit über 3.000 Unterschriften habe er bereits akquiriert.

Was, wenn die Kampagne trotz des großen Einsatzes scheitere? Soweit möchte Schage gerade gar nicht denken. Erst einmal steht der nächste Termin an: Am Brandenburger Tor sei irgendeine große Veranstaltung, sagt er, es gebe viele potenzielle Unterzeichner. Da müsse er später noch hin.

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