„Sabotage" der Asse-Atommüllbergung: Panikattacken der Atomlobby

Ein ehemaliger Mitarbeiter des Bundesamtes für Strahlenschutz hält die Rückholung des Atommülls aus der Asse für kaum möglich. Grüne und Linke sehen das anders und finden klare Worte.

Ein maroder Stollen im Bergwerk Asse. Bild: dpa

HAMBURG/REMLINGEN dapd | Kritische Äußerungen eines ehemaligen Mitarbeiters des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) haben die Diskussion über die Machbarkeit der Räumung des niedersächsischen Atommülllagers Asse neu befeuert. Nach Ansicht des ehemaligen BfS-Fachbereichsleiters Michael Siemann ist die Bergung der radioaktiven Abfälle aus technischen Gründen nahezu unmöglich. Dagegen hält die Behörde an dem Ziel der Rückholung fest.

„Das ist so, als wenn jemand von mir verlangen würde, die 100 Meter unter zehn Sekunden zu laufen. Das kriege ich auch nicht hin“, sagte Siemann am Donnerstag dem NDR-Fernsehmagazin Panorama. Die Politiker seien darüber informiert, dass eine Rückholung unrealistisch sei. Doch „aus Angst vor der Reaktion der Bevölkerung“ werde diese Warnung verdrängt. Im BfS habe man die Schockstarre der Politiker „Asse Mikado“ genannt: „Wer sich zuerst bewegt, kriegt die schlechteste Presse“, sagte Siemann.

BfS-Sprecher Werner Nording sagte der Nachrichtenagentur dapd, seine Behörde habe 2009 die Aufgabe übertragen bekommen, die Asse nach den Anforderungen des Atomrechts sicher stillzulegen. Dies sei nach dem derzeitigen Stand nur durch die Rückholung der Abfälle aus dem Bergwerk möglich. Ob dies gelingen könne, werde derzeit in der Probephase ermittelt. An diesem Sachstand habe sich nichts geändert.

„Michael Siemann hat in leitender Funktion im BfS bis vor kurzem alle Ergebnisse bei der Asse aktiv mitgetragen und sich jetzt überraschend öffentlich distanziert“, sagte Nording weiter. Siemann war im Bundesamt für die Sicherheit nuklearer Entsorgung und die Stilllegung der Endlager Asse und Morsleben verantwortlich. Der promovierte Mineraloge hatte die Behörde erst vor wenigen Wochen verlassen.

Fakten – oder Gefühle und Spekulationen?

Atomkraftgegner kritisierten die Äußerungen Siemanns ebenfalls. Er werfe der Politik vor, wesentliche Fakten zu verheimlichen, ohne diese selbst zu nennen, sagte Peter Dickel vom Asse-2-Koordinationskreis auf dapd-Anfrage. „Damit bleibt offen, ob es sich tatsächlich um Fakten handelt, die es unmöglich machen würden, die Asse wieder zu räumen, oder um Gefühle und Spekulationen.“

Die Grünen im niedersächsischen Landtag bezeichneten Siemanns Einlassungen als „Propaganda-Vorstoß“, um die Bergung der Abfälle zu verhindern. „Die Atomlobby bekommt offenbar Panikattacken bei der Vorstellung, dass ihre wilde Müllkippe genauer unter die Lupe genommen wird“, sagte Fraktionschef Stefan Wenzel.

Siemann stamme „aus dem Umfeld des Ex-Atomkonzernvorstandes Gerald Hennenhöfer, der heute als Abteilungsleiter im Bundesumweltministerium die Strippen zieht“. Auch der Linken-Landtagsabgeordnete Victor Perli sprach von einem „Versuch, die Rückholung des Atommülls zu sabotieren.“

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