Sachbuch über Ostdeutschland: Die DDR, ein Schlaraffenland

Für ihr Buch sprach Burga Kalinowski mit 27 Ostdeutschen. 25 Jahre nach der Wende rechnen die mit dem Kapitalismus ab.

Ausstellung im Deutschen Historischen Museum Berlin. Eine Frau steht vor mehreren gerahmten schwarz weiß Bildern, die das Leben in der DDR dokumentieren. Gezeigt werden unter anderem Werkstätten und Bekleidungsgeschäfte.

DDR-Ausstellung „Alltag Einheit. Porträt einer Übergangsgesellschaft“ im Deutschen Historischen Museum Berlin Foto: dpa

Vor wenigen Tagen wurde im Deutschen Historischen Museum in Berlin die Ausstellung „Alltag Einheit. Porträt einer Übergangsgesellschaft“ eröffnet. Im Fokus stehen die dramatischen Veränderungen und persönlichen Erfahrungen der Menschen in der DDR.

„Wir würdigen erstmals die historische Leistung der Ostdeutschen im Veränderungsprozess“, sagt Jürgen Danyel, Historiker am Potsdamer Zentrum für Zeithistorische Forschung, und Initiator der Ausstellung.

Auch das Buch „War das die Wende, die wir wollten?“ widmet sich dem ostdeutschen Blick auf die vergangenen 25 Jahre. Erschienen ist es im Verlag Neues Leben, früher FDJ-naher Jugendverlag, heute zur Eulenspiegel Verlagsgruppe gehörend und einen nostalgischen Rückblick pflegend.

Die in Österreich geborene und in der DDR aufgewachsene Journalistin Burga Kalinowski hat 27 bekannte und unbekannte Ostdeutsche interviewt. Ovationen für die Wende sind nicht von den Ausgewählten zu erwarten. Es ist eine Abrechnung mit dem Kapitalismus.

„Ich habe gehofft, die Idee wird gerettet“

„Das kann es noch nicht gewesen sein.“ (die Kabarettistin Gisela Oechelhaeuser) „Solche Wunden schmerzen lange und die Narben wird man immer spüren.“ (Christa Luft, kurz vor Ende der DDR Wirtschaftsministerin) „Ich habe gehofft, die Idee wird gerettet.“ (der Maler Ronald Paris, Mitorganisator der Demonstration am 4. November 1989 in Ostberlin) „Es bestätigte sich, was wir früher im langweiligen ML-Unterricht (Marxismus-Leninismus, Anm.d.Red.) an der Hochschule nie hören wollten: Wie schlecht der Kapitalismus ist.“ (der Schauspieler Peter Bause, viele Jahre am Berliner Ensemble) „Die DDR, das war ein Schlaraffenland, eigentlich. Aber kein Schwein hat es gemerkt.“ (der Musiker und Komponist Nico Hollmann) „Der soziale Osten funktioniert in der Marktwirtschaft nicht.“ (ehemaliger Kali-Kumpel) „Ein gerechtes Staatswesen ist etwas so Unwahrscheinliches wie der liebe Gott.“ (der Schriftsteller Rainer Kirsch, zweimal aus der SED ausgeschlossen, 1990 kurze Zeit Präsident des DDR-Schriftstellerverbandes).

Burga Kalinowski: „War das die Wende, die wir wollten? Gespräche mit Zeitgenossen“, Verlag Neues Leben, Berlin 2015, 320 Seiten, 19,99 Euro.

Neben allzu viel Erwartbarem gibt es in dem Buch auch Feststellungen, die nach einer Binsenweisheit klingen, es aber wert sind, in Erinnerung gerufen zu werden.

So sagt der Schriftsteller und Schauspieler Steffen Mensching, Intendant des Theaters in Rudolstadt: „Unsere Art zu leben, zu denken, zu fühlen, zu feiern unterscheidet uns ja immer noch.“

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