Saisonziel: wenigstens ein einziges Mal gewinnen: „Wissen nicht, wie ein Sieg schmeckt“

Bisher hat noch jede Mannschaft in der Regionalliga Nord den TSV Schilksee plattgemacht. Daran konnte auch ein Trainerwechsel nichts ändern.

Dachten noch, sie könnten mal gewinnen: der TSV Schilksee zu Saisonbeginn. Foto: imago

KIEL taz | Schilksee – das ist eigentlich Segeln. Da sind die Gedanken schnell bei den Olympischen Spielen von 1972, beim Olympiazentrum, das damals in Kiels nördlichem Stadtteil erbaut wurde, oder bei der Kieler Woche. Aber Fußball? Der Sport spielte schon immer eine kleinere Rolle in dem Ort mit 5.000 Einwohnern. Und so war es eine kleine Sensation, als die erste Mannschaft vom TSV Schilksee am 6. Juni 2015 in die viertklassige Regionalliga Nord aufstieg. Sie haben ihren Traum wahrgemacht an jenem Tag.

„Die Vorfreude auf die Saison war riesig, ein ganzer Ortsteil war euphorisch“, sagt Kapitän Chris Kröhnert, der nicht dem Kreis der Aufstiegshelden angehörte. Er war damals dritter Torhüter bei Holstein Kiel. „Wir wussten aber, dass es schwer werden würde“, sagt er – und untertreibt damit gnadenlos.

Die Herausforderung Regionalliga Nord war nicht nur schwer, sie erwies sich als unlösbar für den kleinen Verein, der so beharrlich nach oben geklettert war. „Vor sechs Jahren haben wir noch in der A-Klasse gespielt“, merkt Manager Bodo Schild stolz an.

Es zeigte sich allerdings schon im Spätsommer, dass man beim Höhenflug an Grenzen gestoßen war. Eine Klatsche folgte auf die andere. Mit der Folge, dass sich die Bilanz nach 21 absolvierten Spielen und der gestrigen 1:2-Niederlage im Heimspiel gegen den BSV Rehden wie ein sportlicher Offenbarungseid liest: noch immer kein Sieg, 18 Niederlagen, drei 1:1-Remis. Das heißt drei mickerige Punkte und schon 60 Gegentreffer. Schilksee selbst hat nur 17 mal getroffen. Die anderen Teams sind weit weg.

Den „Knackpunkt“ hat Schild längst ausgemacht. Am fünften Spieltag, Ende August, war der Aufsteiger so nah dran am ersehnten ersten Sieg der Saison wie danach nie wieder. Noch in der 90.Minute führte der TSV unter dem damaligen Trainer Thorsten Gutzeit vor 385 Zuschauern in der Jürgen-Lüthje-Arena mit 1:0 gegen Hannover 96 II. Alles war bereit zum lautstarken Jubeln. Dann kam er: Roman Prokoph. Der Ex-Profi des FC St.Pauli und des VfL Bochum erzielte in der Nachspielzeit zwei Tore für 96 II. Die Niedersachsen konnten ihr Glück kaum fassen. Bei den Fördekickern und ihren Fans herrschte Entsetzen.

Mitte November beurlaubte der Verein Gutzeit. Es sei insgesamt nicht gerade glücklich gelaufen mit dem ehemaligen Trainer von Holstein Kiel, lässt Schild durchblicken. Die Verantwortlichen, die das Team zusammengestellt haben, hätten die Regionalliga unterschätzt. Es sei nicht gelungen, eine funktionierende Mannschaft aufzubauen, sagt Schild. „Aber klar ist auch: Ich bin in der Endverantwortung, ich kann mich da nicht herausnehmen.“ Die Saison sei nicht mehr zu retten. Da gehe es jetzt nur noch um Schadensbegrenzung. „Wir wissen ja nicht einmal, wie ein Sieg schmeckt. Da müsste ja ein Wunder geschehen, dass wir in dieser Saison in der Regionalliga blieben.“

Einen Sieg erreichen, nur einen – so lautet längst das Saisonziel. „Es geht darum, sich vernünftig aus der Liga zu verabschieden. Die jungen Spieler sollen keinen Schaden nehmen“, sagt Trainer Matthias Losch, der nach dem Aus für Gutzeit vom Assistenten zum Chef aufstieg. „Natürlich ist es frustrierend, wenn man immer nur auf den Rüssel bekommt.“

Trainer Matthias Losch

„Natürlich ist es frustrierend, wenn man immer nur auf den Rüssel bekommt“

Loschs Zeit als Trainer ist schon jetzt begrenzt: Die Vereinsführung gab am Mittwoch bekannt, dass sie erneut auf den Co-Trainer setzt. Nicht Losch, sondern dessen Assistent Stefan Lau soll in der kommenden Saison in der Schleswig-Holstein-Liga den Neuaufbau hinbekommen. Losch will nicht ohne Erfolgserlebnis gehen. „Ich verspreche, wir gewinnen noch ein Spiel“, sagt der 46-Jährige.

Im Verein wird längst die kommende Saison geplant. 16 Spieler besitzen einen Vertrag. Fünf Abgänge stehen fest, unter ihnen auch jener von Kapitän Kröhnert. Bei zehn Akteuren ist offen, wie es weitergeht. „Der Abstieg ist kein Beinbruch. Die Zukunft ist weiterhin hervorragend“, beschwört Schild, der neben den gewonnenen Erfahrungen noch mehr Gutes an der Zeit in der Regionalliga sieht – etwa den Ausbau der Spielstätte: „Früher war das hier eine Wiese, jetzt ist es ein Stadion.“ Es soll irgendwann zurückgehen in die Liga, die so gnadenlos zu den „Fördekickern“ ist.

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