Salafist vor Gericht: „Er hat für mich gebürgt“

Im Prozess gegen Sven Lau hat der Kronzeuge ausgesagt. Der Angeklagte habe für ihn den Kontakt zu syrischen Terroristen hergestellt.

Sven Lau

Der Angeklagte Sven Lau vor Gericht Foto: dpa

DÜSSELDORF taz | Im Prozess gegen Salafistenprediger Sven Lau hat am Mittwoch der Kronzeuge der Bundesanwaltschaft ausgesagt und Lau schwer belastet. Vor dem Staatsschutzsenat des Düsseldorfer Oberlandesgerichts sagte Ismail I., Lau habe ihn nicht nur zur Ausreise nach Syrien ermutigt, er habe auch persönlich den Kontakt zu seinem Schleuser und dem Kommandanten einer deutschen Gruppe der Terrororganisation Jamwa hergestellt. „Er hat für mich gebürgt, dafür gesorgt, dass ich in die Gruppe aufgenommen werde“, sagte I.

Lau ist wegen Unterstützung der Jamwa angeklagt, einer in Syrien tätigen Terrororganisation, die sich inzwischen dem „Islamischen Staat“ angeschlossen hat. Er soll Anlaufstelle für Kampf- und Ausreisewillige im Großraum Düsseldorf gewesen sein und zwei Männer an die Jamwa vermittelt haben. Der Prozess gegen ihn läuft seit mehr als zwei Monaten, die meisten Zeugen aus Laus Umfeld haben bislang die Aussage verweigert.

I. erschien in dunkelblauem Anzug und mit Krawatte vor Gericht, für ehemalige Terrorkämpfer ist das ein ungewöhnliches Outfit. Der 26-Jährige sitzt in der Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Hall ein, das Oberlandesgericht Stuttgart hat ihn im März 2015 zu vier Jahren und sechs Monaten Haft wegen Mitgliedschaft in der Terrororganisation Jamwa verurteilt. Laut Urteil war er auch an Kämpfen beteiligt.

Nach I.s Aussage lernte er Lau im Sommer 2013 auf einer Pilgerreise nach Mekka kennen, der Prediger erzählte ihm von seinem Hilfskonvoi nach Syrien und dass sein Freund Konrad S. dort einer deutschen Kämpfergruppe vorstehe. I. signalisierte, dass er auch nach Syrien ausreisen wolle, um Widerstand zu leisten. „Er hat mich ziemlich ermutigt. Es sei in Syrien nicht so schlimm wie in den Medien dargestellt“, sagte I. vor Gericht.

Auch habe Lau den Dschihad und den Tod in ein schönes Licht getaucht. Lau habe ihn häufiger aufgesucht, auch mal zum Essen eingeladen. Schließlich vereinbarten die beiden, dass I. im nächsten Hilfskonvoi nach Syrien reise. „Du gehörst zu den besten Männern der Welt“, soll Lau gesagt haben.

Einladung nach Mönchengladbach

Nach I.s Rückkehr von der Pilgerreise habe Lau sofort über WhatsApp Kontakt zu ihm aufgenommen und ihn zu sich nach Mönchengladbach eingeladen. „Er wollte nicht, dass ich wieder Wurzeln schlage.“ Als es dann Schwierigkeiten mit dem Konvoi gab, habe Lau mit seinem Telefon einen Schlepper angerufen. Mit dessen Hilfe reiste I. schließlich nach Syrien, wo er sich der Jamwa-Gruppe von Konrad S. anschloss. Lau selbst habe die Gruppe später besucht.

Den Krankenwagen, den Lau in einem Hilfsgüter-Konvoi nach Syrien gebracht habe, sei zu einem Transportwagen für Kämpfer und Waffen umgebaut worden, ein Müllwagen soll für ein Selbstmordattentat verwendet worden sein. Ob dies geplant war und Lau eingeweiht war, wisse er nicht, so I.

Lügt der Zeuge?

Allerdings hat I. seit seiner Festnahme widersprüchliche Aussagen gemacht, mitunter auch nachweislich gelogen. Er hatte Personen erfunden oder falsch benannt, worauf der Vorsitzende Richter Frank Schreiber hinwies. „Woran kann man erkennen, was Sie ernst meinen und wovon man lieber die Finger lässt?“, fragte er den Zeugen.

Wie viel Glauben das Gericht dessen Aussagen am Ende schenkt, wird entscheidend für das Urteil sein. Laus Anwalt Mutlu Günal nannte den Zeugen schon vor Prozessbeginn einen „notorischen Lügner“. Günal ist dafür bekannt, in seinen Zeugenbefragungen nicht zimperlich zu sein.

Wichtig wird sein, ob I. diesem Druck stand hält. Der Psychiater, der I. während des Stuttgarter Prozesses begutachtete, sprach von einer „schwachen“ und „unfertigen“ Persönlichkeit. „Ich war ein blöder Junkie, der die Schule kaum gebacken bekam“, sagte I. vor Gericht. „Und ich wollte ein Held sein.“

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