Salafisten in Berlin: "Auch Moscheen müssen helfen"

Die Beobachtung durch den Verfassungsschutz ist richtig, sagt SPD-Politiker Tom Schreiber. Prävention sei jedoch wichtiger als Repression

Umstrittene Aktion: Am 14. April verteilten Salafisten öffentlich Exemplare des Korans - auch am Potsdamer Platz in Berlin. Bild: dpa

taz: Herr Schreiber, der Verfassungsschutz will die Salafisten stärker ins Visier nehmen: Wie staatsgefährend ist die islamische Splittergruppe wirklich?

Tom Schreiber: Wir gehen in Berlin von über 300 Salafisten aus, etwa 100 davon gewaltbereit oder gewalttätig. Wir verurteilen nicht den Islam grundsätzlich, sondern den Salafismus in seiner radikalen und gewalttätigen Form. Er ist eine Grundlage, um in andere, gefährlichere Netzwerke zu kommen. Darin liegt seine Gefahr: Auch gewalttätige Einzeltäter oder Kleinstgruppen können viel Schaden anrichten. Deshalb ist es wichtig, dass Verfassungsschutz und Polizei auf diesem Gebiet hellwach sind.

Wie ist es mit den Rechtspopulisten, die die Salafisten mit Mohammed-Karikaturen bewusst provozieren? Muss der Verfassungsschutz auch die beobachten?

Das ist die andere Seite des Problems: Die Rechtspopulisten bereiten die Bühne für die Auseinandersetzungen. Wir müssen aufpassen, dass wir uns da nicht vor den falschen Karren spannen lassen. Die Rechtspopulisten sind in keinster Weise unser Diskussionspartner bei der Frage, wie wir mit Salafisten umgehen. In NRW wird Pro Deutschland bereits vom Verfassungsschutz beobachtet. Verfolgt die Bewegung das Thema hier weiterhin so intensiv, müssen wir das auch in Berlin überlegen.

Welche Maßnahmen gegen Salafisten sind sinnvoll?

Wir müssen mehr Maßnahmen zur Prävention aufbauen und daneben auch Aussteigerprogramme forcieren‘– nicht nur in Berlin, sondern in bundesweiter Vernetzung. Ich halte das für wichtiger als alle Verfassungsschutzmaßnahmen.

33, sitzt seit 2006 für die SPD im Abgeordnetenhaus. Er ist Mitglied im Ausschuss für Verfassungsschutz und verfassungsschutzpolitischer Sprecher der Fraktion.

Müssen sich andere Muslime von extremistischen Splittergruppen distanzieren?

Bekenntnisse abzugeben ist leicht, entscheidend ist aber das Handeln. Wir haben in Berlin vier Moscheen, von denen wir wissen, dass dort auch Radikale unterwegs sind. Deshalb sind auch die Moscheen gefragt, bei der Prävention mitzuhelfen: nicht bloß Lippenbekenntnisse gegen Gewalt und Terrorismus abzugeben, sondern auch eine innere Auseinandersetzung darüber zu führen.

Gehört der Islam zu Berlin?

Ja, klar! Der Islam hat viele positive Seiten, und die Mehrheit der Muslime lebt friedvoll in Berlin, ebenso wie die vielen verschiedenen Religionsgemeinschaften hier friedlich miteinander leben. Der Islam gehört definitiv zu Berlin und zu Deutschland. Und das finde ich auch gut so.

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