Sammelabschiebung ins Kosovo: Grün-Rot lässt Roma abschieben

Aus Baden-Württemberg sind Roma ins Kosovo abgeschoben worden, wo sie Übergriffen ausgesetzt sind. Grün-Rot hätte das verhindern können.

Müssen im Kosovo mit Diskriminierung rechnen: Roma-Kinder in der Nähe von Pristina. Bild: reuters

STUTTGART taz | Es ist gerade mal drei Wochen her, dass in Berlin Politiker ein Mahnmal eingeweiht haben, das an die Nazi-Verbrechen an Sinti und Roma erinnert. Warme Worte hatte es auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gegeben, die eine „deutsche und europäische Aufgabe“ in der Unterstützung dieser Volksgruppen sehe.

Yufanyi Mbolo nennt das ein „Scheinspiel“. Er ist Mitglied der Organisation The VOICE Refugee Forum. „Die Problematik der Sinti und Roma sollte ernst genommen werden und nicht nur in Sonntagsreden der Politiker vorkommen.“

Wie ernst die Probleme wirklich genommen werden, zeigte sich am Dienstag in Stuttgart. Von dort aus fand eine länderübergreifende Sammelabschiebung von in den Kosovo statt, wie das Regierungspräsidium Karlsruhe der taz bestätigte. Es habe sich um eine Abschiebung der Bundespolizei unter Beteiligung der EU-Grenzagentur Frontex gehandelt. Insgesamt wurden 32 Menschen abgeschoben, davon fünf aus Baden-Württemberg. Unter ihnen waren nach taz-Informationen auch Roma.

Regelmäßig weisen Berichte wie etwa des Kinderhilfswerks Unicef auf die Situation von Roma im Kosovo hin. Sie seien dort starken Diskriminierungen und rassistischen Übergriffen ausgesetzt und hätten oftmals keinen Job und keine feste Wohnung.

Nur Landespolitiker aus Baden-Württemberg sahen das im Januar anders. Mitglieder des Petitionsausschusses machten sich ein eigenes Bild von der Situation vor Ort und kamen zu dem Schluss, dass insgesamt alles doch recht prima sei. Sie einigten sich einstimmig darauf, dass kein generelles Abschiebehindernis vorliege. Das Innenministerium der grün-rot geführten Landesregierung hätte noch die Möglichkeit gehabt, einen Winterabschiebestopp zu erlassen. Aber das sei aktuell kein Thema, hieß es im Ministerium. Es gebe keinen Handlungsbedarf.

„Es zeigt sich, dass es nicht mal in der Regierung eine Mehrheit für eine konsequente Minderheitenpolitik gibt“, sagt Andreas Linder vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg. Zumindest in Bezug auf einen Wintererlass müsse die Regierung Farbe bekennen. Verschiedene Grünen-Politiker waren am Dienstag auf taz-Anfrage bis Redaktionsschluss nicht zu sprechen. In einem früheren Interview mit der taz hatte der migrationspolitische Sprecher Memet Kilic auf die Verantwortung des Bundesinnenministeriums verwiesen, das eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis gewähren müsse.

Ein Bündnis regionaler Gruppen ruft für diesen Donnerstag zu einem Protest am Stuttgarter Flughafen auf. „Wir wollen öffentlich zeigen, dass es auch in diesem Land Menschen gibt, die die Abschiebepraxis entschieden ablehnen“, sagte ein Aktivist.

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